Ein Buch in die Hand zu nehmen, das mit einer so großen Zartheit und so viel
Einfühlungsvermögen geschrieben ist wie der neue Roman "Zwischen Himmel
und Liebe" der irischen Autorin Cecelia Ahern, macht einfach Spaß.
Dabei ist das Leben der Protagonistin Elisabeth, einer erfolgreichen
Innenarchitektin, alles andere als einfach: Sie hat einen mürrischen Vater,
einen sechsjährigen Neffen, der unter ihrer Obhut groß wird, und eine jüngere
Schwester, die ständig über ihre Grenzen geht. Nur eines hat Elisabeth nicht
- nämlich Spaß am Leben. Diese tragische Rolle scheint der jungen Frau bestens
auf den Leib geschneidert. Schon als Kind empfand sie nie das, was andere als
Glück bezeichnen - schon immer drängten andere Leute sie in eine Rolle, die
sie eigentlich nie innehaben wollte.
Die Mutter verlässt von heute auf morgen die Familie als Elisabeth gerade
einmal 12 Jahre alt ist, nun trägt Elisabeth, die selbst noch ein Kind ist, die
Verantwortung für ihre gerade erst geborene kleine Schwester. Von einem auf den
anderen Tag ist Elisabeth nun nicht mehr das kleine Mädchen. Trotzdem geht sie
ihren Weg, auch gegen den Willen des Vaters, der über den Verlust der Ehefrau
nie hinweg kommt. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit Elisabeth. Als sie
die große Liebe ihres Lebens trifft und mit dem Mann nach New York geht, da ist
es wieder die Familie, die Ansprüche an die junge Frau stellt: Saoirse, ihre
Schwester, hat gerade einen kleinen Jungen, Luke, zur Welt gebracht, hat aber
nicht die leisesten Muttergefühle für das Neugeborene. So ist es wieder
Elisabeth, die ihr Leben für das eines anderen aufgibt. Die Beziehung zu ihrem
Freund zerbricht.
Sechs Jahre sind in Land gegangen, Luke wächst in Elisabeths Haus unter der
Obhut eines Kindermädchens auf, ohne Liebe der Mutter, ohne Liebe der Tante. Da
taucht plötzlich - wie aus dem Nichts - Ivan auf. Und eigentlich kommt Ivan
auch aus dem Nichts, aus Eisatnaf, was nichts anderes ist als das Land der
Fantasie. Denn: Ivan ist nur für Menschen sichtbar, die ihn dringend brauchen.
Seine Aufgabe ist es "bester Freund" zu sein, mit Kinder, die alleine
sind, zu spielen, zu lachen und glücklich zu sein. Luke ist ein solches Kind,
das einen besten Freund bitter nötig hat. Doch nach und nach spürt auch
Elisabeth die Nähe und Fürsorge dieses "Unsichtbaren", und als Ivan
eines Tages tatsächlich sichtbar für sie wird, da merkt die junge Frau lange
Zeit nicht, dass er eigentlich nur ein Fantasiegebilde ist.
Aber eines, das auch Elisabeth dringend nötig hat. Sie wird noch einmal Kind,
entdeckt sich und ihre eigene tragische Geschichte neu, lernt das Lachen und
Ausgelassen sein, lässt ihre Träume Wirklichkeit werden - und findet endlich
Spaß am Leben.
Und Ivan? Auch er muss einen Verstehensprozess durchleben. Denn er hat es durch
seine Art provoziert, dass Elisabeth als erwachsene Frau ihn sehen kann - was
eigentlich eher außergewöhnlich ist. Natürlich verliebt sich Ivan in
Elisabeth, aber er muss lernen, dass jeder - auch wenn er aus Eisatnaf stammt,
seinen festen Platz im Leben hat.
Cecilia Ahern, Jahrgang 1981, ist die Tochter des irischen Ministerpräsidenten.
In ihrer noch jungen Schriftstellerkarriere kann sie bereits auf zwei Bestseller
blicken, die sich gerade auch im deutschsprachigen Raum einer großen
Beliebtheit erfreuen: "Für immer vielleicht" und "P.S. Ich liebe
Dich". Das dritte Buch "Zwischen Himmel und Liebe" reiht sich
hier lückenlos ein. Und trotz seiner bereits anfangs beschriebenen Zartheit:
das Buch ist alles andere als kitschig oder trivial, sondern Ausdruck einer
Sehsucht, die Grenzen überschreitet und deutlich macht, dass es manchmal für
einen selbst wichtig wird, den "Kopf zur Seite zu legen" und dem
Gefühl zu folgen. Denn nur wer fühlt ist Mensch.
Genau dieses Schwanken zwischen Verstand und Gefühl stützt auch der Aufbau des
Romans. Aus zwei Perspektiven wird die Geschichte erzählt. Elisabeth übernimmt
dabei natürlich die Kopfposition - die Autorin Cecilia Ahern wechselt hier in
die Rolle des allwissenden Erzählers. Die Gefühlsposition wird natürlich von
Ivan ausgefüllt, dem Wesen aus einer anderen Welt, der seine Sichtweise der
Dinge als Ich-Erzähler darbieten kann. Diese Erzählstruktur bringt eine
zusätzliche Färbung in den Roman, weil auch der Leser stets seine Position
wechseln muss.
Fazit
Eine Geschichte voller Poesie und Magie, die auf viele weitere Bücher Aherns
hoffen lässt.
Vorgeschlagen von Martina Meier
[Profil]
veröffentlicht am 06. März 2006 2006-03-06 09:26:43