Herfried Münkler hat sich - in Anlehnung an Raymond Arons:"Die imperiale
Republik", ein Titel, der im sonst umfangreichen Literaturverzeichnis
leider nicht angeführt wird, tiefer mit der Frage, was Imperien sind,
beschäftigt. Wodurch zeichnen sich Imperien aus? Welche Gefahren birgt eine
imperiale Ordnung? Welche Chancen bietet sie? Das Buch ist sehr interessant
geschrieben und kann in etwa mit Peter Benders Werk: "Weltmacht Amerika -
das neue Rom" verglichen werden. Winkler unterscheidet die Begriffe
"Hegemonie" und "Imperium", wobei er - zu Recht - diese
Entscheidung "heikel" nennt. Aber für mich sind zwei Fragen offen
geblieben: Sind die USA ein Imperium? Münkler spricht immer von der
"imperialen Mission" der USA, wobei er auch alternative
Traditionslinien der amerikanischen Politik aufzeigt. Er erklärt, es könne
sein, dass das amerikanische Imperium nicht so sehr an seinen äußeren Feinden,
sondern an der moralischen Überlastung durch seine Mission scheitert. Dies
hätte ich dann doch gerne genauer ausgeführt. Außerdem geht mir Münkler zu
wenig auf Theorien in den "Internationalen Beziehungen" ein. Der
vielgescholtene (Neo-)Realismus, dem in Deutschland etwa der
Politikwissenschaftler Werner Link, dessen Werke bedauerlicherweise nicht im
Literaturverzeichnis zu finden sind, hat ganz klar erklärt, dass
Macht(ausehnung) bislang immer in der Geschichte zu Gegenmacht führte. Diese
theoretische Untermauerung mit politikwissenschaftlichen Theorien fehlt mir. Ich
hätte mir auch bei der Frage, ob ein demokratisches Imperium möglich sei (S.
235 ff.) die Frage gewünscht, ob die USA in Wirklichkeit noch eine Demokratie
oder nicht doch eine Oligarchie sind. Dies hätte natürlich bedeutet, sich mit
der Theorie des "Demokratischen Friedens" stärker
auseinanderzusetzen. Diese Frage hat Emmanuel Todd in seinem buch:
"Weltmacht USA" thematisiert. Dessen - schwer zu widerlegendes -
Fazit: Unter der Präsidentschaft von George W. Bush habe sich die USA in eine
Oligarchie verwandelt, in der die Interessen der Ölindustrie den Ton angäben.
Insofern könne die These des "demokratischen Friedens", die Michael
Doyle und - in der deutschen Politikwissenschaft - Ernst Otto Czempiel
entwickelt haben (Czempiel wird bedauerlicherweise im Literaturverzeichnis
ebenfalls nur mit einem Werk zitiert)nicht durch die Politik der Regierung Bush
widerlegt werden.
Außerdem hätte es sich angeboten, mehr über die Herausforderung durch die
Weltmacht China zu hören. China und die USA werden - darüber sind sich
Politikwissenschaftler einig - die großen Konkurrenten um die Weltherrschaft im
21. Jahrhundert werden. Helmut Schmidt hat etwa in seiner hervorragenden
Publikation: "Die Mächte der Zukunft" (ebenfalls nicht im
Literaturverzeichnis aufgeführt) darauf hingewiesen.
Fazit
Fazit: ein interessantes Werk des deutschen Politikwissenschaftlers, der den
Begriff der "neuen Kriege" einer breiten Öffentlichkeit verdeutlicht
hat, aber - leider - mit Lücken. Mir ist die Zielgruppe nicht ganz klar. Als
populärwissenschaftliche Einführung ist das Buch ausgezeichnet - hierfür
allerdings stellenweise zu komplex. Als politikwissenschaftliches Grundlagenwerk
hat es Lücken - wie oben dargestellt. Dennoch eine insgesamt interessante
Einführung in ein Forschungsgebiet, welches in der deutschen
Politikwissenschaft meines Erachtens noch zu wenig Beachtung gefunden hat. Dass
dies nicht so bleibt, dafür hat - neben Paul Kennedy mit seinem interessanten
Werk: "Aufstieg und Fall der großen Mächte" vor allem Münkler mit
seiner vorliegenden Publikation gesorgt. Dafür gebührt ihm Dank.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 22. August 2005 2005-08-22 21:36:33