Unverständnis der Jugend gegenüber der Welt der Erwachsenen: unzählige Romane
und Filme haben dies thematisiert: man denke an die Filmklassiker mit James
Dean, man denke an Salingers "Fänger im Roggen". Nun legt eine der
bekanntesten und besten deutschen Gegenwartsautorinnen, Birgit Vandereike, einen
Kurzroman vor, der sich genau mit diesem Thema befasst. Doch - um es gleich zu
sagen - er kommt an die Vorbilder nicht heran und enttäuscht letztlich. An
ihrem 16. Geburtstag verschwinden zahlreiche Jugendliche, um versteckt ein
eigenes Leben zu führen. T-Shirts mit den Slogans: "Sweet Sixteen"
tauchen auf, die Eltern - in der Regel - mit einer Ausnahme - gutbürgerlich und
situiert, fühlen sich ratlos und unverstanden; sie waren davon ausgegangen, zur
"Jugend" ein unverkrampftes Verhältnis zu haben. Unter anderem
verschwindet auch der Sohn einer Fernsehmoderatorin, die auch populäre
Erziehungsratgeber geschrieben hatte. Allen Jugendlichen ist gemeinsam, dass sie
gerne surfen und plötzlich alle Bindungen verwerfen, um ihr eigenes Leben in
anonymen Großstädten zu führen.
Das Thema ist zweifellos interessant und zeitlos. Aber der Roman bleibt
letztlich an der Oberfläche. Wenn man andere Titel der Autorin, etwa
"Muschelessen" gelesen hat, so bleibt auch die sprachliche Prägnanz
dieses Titels deutlich hinter den Vorgängern zurück. Das Buch wirkt leicht
dahingeworfen; die Motive beider Seiten kommen nicht heraus. Hätte die Autorin
nicht - wie Salinger - einen Roman in Ich-Form oder in mehrern
Erzählperspektiven entwerfen können? Der Leser legt das Buch aus der Hand und
ist so klug wie zuvor; zwar ist das Buch unverkennbar mit Sympathie für die
"Ausreißer" geschrieben worden, aber deren Motivation kommt
überhaupt nicht heraus; wie meisterhaft hatte etwa Salinger eine
Charakterstudie seines Helden entworfen; dieses Buch packte. Hier jedoch werden
die Phänomene der modernen Massengesellschaft - Vereinsamung, Verlust an
Sozialkontakten - zwar angesprochen, aber im Grunde nicht reflektiert - eine Art
"Generaton Golf" zwei.
Fazit
Letztlich wirkt das Buch - so hart urteile ich - wie Dutzendware: ein
Erziehungsratgeber mehr unter dutzenden anderen - schade, eigentlich, denn das
Thema verdient es, umfangreicher behandelt und reflektiert zu werden. Eine gute
Idee wurde meiens Erachtens unbefriedigend umgesetzt. Schade.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 13. August 2005 2005-08-13 10:39:38