Seit Hesiod 700 vor Christi kritisierte "diese Jugend ist ohne Zweifel
unerhört rücksichtslos und frühreif" sind sich Pädagogen und
Redakteure einig: es wird immer schlimmer. Jan-Uwe Rogge hat sich mit dem Thema
kindliche Aggression seit 30 Jahren beschäftigt. Mit Beobachtungen aus Schule,
Kindergarten und Familie illustriert er, was sich wirklich verändert hat und
was sich verändern sollte. Wir erfahren, dass nur ein selbstbewusster Mensch
andere respektieren, Konflikte lösen und mit den eigenen Aggressionen umgehen
kann.
Der Autor ist vertraut mit den elterlichen Befürchtungen gegenüber Darstellung
von Aggressionen in den Medien, mit ihren Sorgen um Fernseh- und
Computer-Konsum, und er nimmt entschieden Stellung. Er verdeutlicht, dass das
unübersichtliche Schlachten-Getümmel des Geschwister-Streits zwar nervig für
die Umgebung, aber wichtig für die kindliche Entwicklung ist. Leser und
Leserinnen sollten analysieren, wem dramatische Auftritte ihrer Kinder nützen
und welche Rolle sie selbst dabei spielen.
Rogges Darstellung von "Zerstörung und Selbstzerstörung in der
Pubertät" zeigt feine Unterschiede zwischen schrillem Auftreten aus Lust
an der Provokation und behandlungsbedürftigen Störungen auf. Drogenkonsum,
Ess-Störungen oder Wahrnehmungsstörungen gehören in die Hand fachkundiger
Therapeuten.
Zum Thema Gewalt und Zerstörungen an Schulen und der ständig kritisierten
Unhöflichkeit deutscher Schüler hat Rogge Erfahrungen aus jahrelanger
Beratungspraxis. Er hält einen Teil der öffentlichen Kritik für populistische
Vereinfachung; denn die Zahl der Jugendlichen, die auf ihre Probleme mit
psychosomatischen Störungen reagieren ist vier mal so groß wie die der
gewalttätigen Jugendlichen.
Der Autor ist bekannt für seine deutliche Kritik am "verplanten Kind mit
Terminkalender". Er erwartet, dass wieder mehr Eltern ihren Kindern beim
Raufen und Herumtoben realistische Grenzen aufzeigen. In Diskussionen sollen sie
ihren Kindern konsequente Streit-Partner sein.
Fazit
Ein praxisorientierter Ratgeber, umfassender als der Titel zunächst vermuten
lässt.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 03. August 2005 2005-08-03 14:31:38