Nachdem der Autor, Professor für Politikwissenschaft an der TU Dresden, bereits
einen Band über: "Die politischen Systeme Westeuropas" vorgelegt hat,
folgt nun dieser informative und detaillierte Überblick über die politischen
Systeme Osteuropas. Der Herausgeber hat 21 Experten zusammengeholt, die
systematisch die politischen Systeme Osteuropas, aber auch der Türkei und
Zyperns analysieren. Wie im Band über Westeuropa sind die Beiträge nicht
alphabetisch, sondern regional geordnet. Die Länderbeiträge untersuchen
jeweils die Punkte: Staatsbildung und Systemtransformation, gehen auf die
Verfassungsentwicklung und Verfassungsprinzipien ein, untersuchen die Rolle von
Staatspräsident, Parlament, Regierung und Verwaltung, den Gesetzgebungsprozess
und die Verfassungsgerichtsbarkeit dargestellt. Neben diesen Institutionen wird
aber auch die politische Sozialisiation und -kultur unterscuht, die Rolle der
Parteien, des Wahlsystems und -verhaltens, die Regional- und Kommunalpolitik
sowie Internationale Beziehungen und Europapolitik dargestellt. Anlehnend an die
- bahnbrechenden - Untersuchungen Klaus von Beymes und Wolfgang Merkels (vgl.
dessen Bände: Systemtransformation und "Defekte Demokratien") stellt
sich eine Gemeinsamkeit immer deutlicher heraus: häufig handelt es sich bei den
beschriebenen Systemen um "defekte" Demokratien mit starken
Präsidialsystemen, also semi-präsidieller bzw. präsidiell-parlamentarischer
Regierungssysteme. In allen osteuropäischen Staaten bilden zudem geschriebene
Verfassungen die Grundlage staatlich-politischen Handelns, deren Änderung
gegenüber einfachen Gesetzen deutlich erschwert ist. Mit dem Inkrafttreten der
Verfassungen endeten die Transormationsphassen der Institutionalisierung der
Demokratie. Deutlich wird gemacht, wie sehr das Gelingen der Konsolidierung von
Fragen der Legitimität, der formalen Legitimation der Verfassung abhängt. Im
Gegensatz zu Westeuropa konnten bei der Institutionalisierung der Demokratie nur
wenige Staaten auf vorsozialistische Demokratieerfahrungen zurückgreifen.
Allerdings begreifen sich in deutlicher Abkehr vom staatssozialistischen
Verständnis heute alle osteuropäischen Staaten als Rechtsstaaten nach einem
westlichen Verständnis und haben in ihren VErfassungen das Demokratie- und
Rechtsstatsprinzip festgelegt. So enthalten alle osteuropäischen Verfassungen
ausführliche Grundrechtskataloge, die fast überall dem Organisationsteil der
Verfassungen vorangestellt sind. Dennoch zeigt die Verfassungsrealität, etwa in
Rußland, wie autoritär die Staatsstrukturen häufig noch sind, die daher als
"defekte", oder "Illiberale Demokratien" bezeichnet werden
müssen. Bis zur echten Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit ist es häufig
noch ein weiter Weg.
Fazit
Das Verdienst dieses Buches ist es, einen hervorragenden Überblick über die
neuesten Entwicklungen der politischen Systeme Osteuropas zu geben. Zusammen mit
den Bänden Wolfgang Merkels, v.a. "Systemtransformation" und
"Systemwechsel 5: Zivilgesellschaft und demokratische Transformatio"
stellt dieser informative Sammelband die beste Information zu diesem
Themenkomplex dar.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 19. Mai 2005 2005-05-19 12:07:56