So ein richtig feiner Schmöker ist ja etwas Feines. Erst recht, wenn die
Herz/Schmerz-Schiene bedient wird, das nötige Schaudern und Gruseln über die
finsteren Gegebenheiten des Mittelalters erreicht wird, und bedeutende
historische Tatsachen auf unterhaltsame Weise als Rahmenhandlung dienen. Solch
einen richtig feinen Schmöker hat Rainer M. Schröder mit "Das Geheimnis
des Kartenmachers" abgeliefert. Die Geschichte wird erzählt aus der Sicht
des Caspar Sebald, eines halbwüchsigen Burschen mit dem Herz am rechten Fleck.
Durch einen dummen Streich hat er sich in den Wasserkerker der Stadt Augsburg
und anschließend an den Pranger gebracht. An der Bürde seines armseligen
Lebens unter der Knute des strengen Vaters und boshaften Bruders geht er schon
fast zugrunde, als ihn der verschrobene Kupferstecher Bartholomäus Wolkenstein
als Gehilfen zu sich holt. Schon bald merkt Caspar, daß sein Meister vielerlei
geheimnisvolle Dinge tut und mehr ist, als er zu sein vorgibt. Auch die
schüchterne Magd Klara führt sich seltsam auf. Je mehr er erfährt, desto
neugieriger wird er, und schneller als ihm lieb ist, hat er sich gemeinsam mit
seinem Meister und Klara in ein gefährliches Abenteuer verstrickt, und sie
können es nur heil überstehen, wenn sie zusammenhalten wie Pech und
Schwefel... Das alles ist sehr nett anzuhören, und kommt angenehmerweise sogar
ohne blutrünstige Details aus. Der Sprecher Max Urlacher liest in sehr
variationsreicher Stimmlage und verleiht der Handlung den nötigen Fluss. Über
einige Kleinigkeiten muß man allerdings hinwegsehen: die allzu klischeehaften
Darstellungen, daß Schröder einfach die von unserer Zeit geprägten Denk- und
Handlungsweisen in das Mittelalter verlegt hat, ohne das Reden und Tun der
Personen ihrem sozialen und historischen Umfeld anzupassen... und vielleicht
hätte sich irgendwer mal erkundigen sollen, wie man die portugiesischen Namen
und Orte ausspricht.
Fazit
Alles in allem eine nette Abenteuergeschichte, die einige entspannte Stunden
schenkt. Besonders spannend für die, die sich gerne in das finstere Mittelalter
entführen lassen...
Vorgeschlagen von Annette Rieck
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veröffentlicht am 20. April 2005 2005-04-20 21:03:57