"Der Schatz am Silbersee" gehört zu den sogenannten
"Jugendromanen" Karl Mays. Damit sind die Bände 35-41 der Gesammelten
Werke Mays gemeint, in denen jugendliche Protagonisten vorkommen und in denen
der Held nicht in Ich-Form berichtet.
Zweifellos der spannendste und bis heute eindrucksvollste Roman aus dieser Reihe
ist: "Der Schatz am Silbersee." Eine abenteuerliche Episode, beginnend
mit einem spannend geschilderten Abenteuer mit einem aus seinem Käfig
fliehenden Panther auf einem Steamer im Arkansas, folgt dem anderen. Die
wichtigsten Westmänner aus Karl Mays Amerika-Romanen (u.a.Old Firehand, Old
Shatterhand, Tante Droll, Hobble Frank, der lange Davy und der Dicke Jemmy)
tauchen hier auf. Auffällig ist, das Old Shatterhand hier nicht die Hauptrolle
spielt, wenn er auch in spannende Indianerkämpfe mit den Utahs verwickelt wird
und sich - wie immer - durch List befreien muss. Er tritt hier deutlich hinter
Old Firehand, den Träger der eigentlichen Handlung, zurück.
Auffällig ist in diesem frühen, bereits 1891 in Zeitschriften publizierten
Roman die Häufung grausamer Szenen, die jedoch dadurch erklärbar sind, dass
Karl May hier einen besonders "action-"reichen Roman liefern wollte.
Wie zahlreiche seiner frühen Werke besitzt er jedoch - verglichen mit dem
Spätwerk - unverminderte Spannung und lässt sich in einem Zug durchlesen. Dazu
trägt auch der gewohnte Dualismus der Helden bei. Abgrundtiefe Schurken, die
Tramps und die sehr negativ gezeichneten Utah-Indianer stehen den omnipotenten
guten Helden gegenüber.
Das Buch enthält jedoch auch viel Humor und gehört meines Erachtens zu den
besten Abenteuer-Romanen, die ich als Karl-May-Fan immer wieder gerne lese und
dem aus meiner Sicht eher langweiligen und langatmigen Alterswerk in jedem Falle
vorziehe. Hier wird man in spannende andere Welten "entführt" und
wenn Hermann Hesse 1919 nach Lektüre der vorliegenden Erzählung - wie Erich
Heinemann im hervorragenden Karl-May-Handbuch berichtet - davon Sprach, Karl May
sei "der glänzenddste Vertreter eines Typs von Dichtung, der zu den ganz
ursprünglichen gehört, und den man etwa "Dichtung als
Wunscherfüllung" nennen könnte2, so trifft dies ebenso zu wie Ernst
Blochs vielzitiertes Wort über Karl May als einem der "besten deutschen
Erzähler." Dies wird an diesem Werk wieder deutlich.
Fazit
Sehr sehr spannend und bei weitem besser als der gleichnamige Film.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 22. März 2005 2005-03-22 07:21:02