"In einem anderen Buch" setzt der in Wales lebende Autor Jasper Fforde
seinem genre-übergreifenden Debut "Der Fall Jane Eyre" noch eins
drauf: die smarte Literatur-Agentin Thursday Next muß diesmal nicht nur eine
bekannte Romanfigur, sondern gleich die ganze Welt retten. Wenn es ihr nicht
gelingt, rechtzeitig einzugreifen, wird sich der Planet am 12. Dezember um 20.23
Uhr in eine schleimige rosa Masse verwandeln. Außerdem ist sie schwanger, ihr
Gatte Landen Parke-Laine wird von der Chrono-Guard genichtet, die
Goliath-Corporation ist hinter ihr her und ihr Arbeitgeber SpecOps strengt ein
Untersuchungsverfahren gegen sie an. Und das ist nicht alles: irgendjemand will
sie ermorden, indem er Zufälle manipuliert und die unwahrscheinlichsten Dinge
auf einmal geschehen lässt. Doch zum Glück ist Thursday ja nicht auf den Kopf
gefallen, und sie weiß ihren außerhalb von Zeit und Raum lebenden Vater und
ihren loyalen Kollegen Boyden Cable an ihrer Seite. Diese Unterstützung braucht
sie auch, denn um ihren Ehemann zu retten, muß sie wieder einmal literarische
Welten betreten. Doch diesmal geht sie bei Miss Havisham in die Lehre - einer
Mitarbeiterin der "Jurisfiction", der Geheimpolizei der Bücherwelt.
Mit ihr springt sie von Buch zu Buch, repariert Webfehler in Handlungssträngen,
oder tritt wortsaugenden Grammasiten gegenüber. Auch in der Großen Bibliothek,
dem Hauptquartier der Jurisfiction kommt der Leser aus dem Staunen nicht mehr
raus: die Cheshire Cat fungiert als Bibliothekar, als Kommunikationshilfe gibt
es das Fußnotofon, angeblich existiert ein mysteriöser Brunnen
unveröffentlichter Manuskripte, und vieles, vieles mehr. Nach dem Erfolg seines
ersten Bandes über die clevere Heldin Thursday Next läuft Jasper Fforde im
zweiten Teil zu großer Form auf. Er zaubert so viele witzige und bizarre Ideen
aus dem Hut, daß es dem Übersetzer Joachim Stern wohl einige zuviele waren: in
der deutschen Fassung fehlen leider etliche Passagen. Das ist schade, denn so
gingen einige markante Seitenhiebe auf Goliath oder die Erwähnung einer SpecOps
Abteilung 31, der "Behörde zur Bildung des guten Geschmacks"
verloren. Auch vom ironisch-flüssigen Schreibstil Ffordes, bei dem jedes
einzelne Wort da sitzt, wo es hingehört, bleibt im Deutschen sehr viel auf der
Strecke, und die Wortspiele und sarkastischen Anspielungen funktionieren, wenn
überhaupt, dann natürlich keineswegs so wie im englischen Original. Dennoch
gibt es von den bizarren Einfällen, witzigen Betrachtungen und komischen
Sprüchen noch mehr als genug - denn eines muß man diesem Autor lassen: der
Mann hat Ffantasie!
Fazit
Eine Fantasy-Thriller-Kriminal-Romanze, die vor schrägen Gegebenheiten nur so
wimmelt. Jasper Fforde will gut unterhalten, und das tut er auf witzige und
intelligente Art und Weise. Wer es sich zutraut, sollte das Buch im Original
lesen.
Vorgeschlagen von Annette Rieck
[Profil]
veröffentlicht am 21. Februar 2005 2005-02-21 12:19:23