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Ewald Frie: Das deutsche Kaiserreich

Das deutsche Kaiserreich

von Ewald Frie
Verlag: Wissenschaftliche Buchgesellschaft [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-534-14725-1

Preis: 10,13 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. Dezember 2024]
Das vorliegende Buch von Ewald Klie ist erschienen im Rahmen der Reihe: "Kontroversen um die Geschichte". Wie die anderen Bände der Reihe ist auch dieses Buch in erster Linie als Studienliteratur konzipiert. Ihr Ziel ist es, Studierenden die Vorbereitung auf Lehrveranstaltungen und Examenskandidaten auf ihre Prüfungen vorzubereiten. Ähnlich wie die Bücher der Reihe: "Grundriss der Geschichte" aus dem Oldenbourg-Verlag werden hier die neuesten Forschungsergebenisse und -kontroversen über Themen der Geschichte dargelegt. In der vorliegenden Reihe geschieht dies im Bereich der neueren Geschichte vom 16. Jahrhundert bis zur Zeitgeschichte.

Ewald Klie stellt in der Einleitung zunächst Gesamtdarstellungen des Kaiserreiches von Droysen bis über Treitschke bis zu den Darstellungen nach 1945 vor und bewertet die neuesten Forschungsergebnisse. Besonders interessant die Darstellungen nach 1945 und der geschilderte Aufbruch der 1970-ger Jahre, die mit der Fischer-Kontroverse Ende der 1960-ger Jahre begannen und mit der Darstellung von Hans-Ulrich Wehlers: "Kaiserreich" von 1973 einen Höhepunkt der modernen Geschichtsschreibung fand. Auch auf neuere Gesamtdarstellungen, insbesondere von Michael Stürmer, Thomas Nipperdey und Hans-Ulrich Wehler wird eingegangen. Fazit: Diese Darstellungen waren befruchtend für die Forschung. "Mit einigen Jahren Abstand zeigen sich jedoch auch die Grenzen dieser Synthesen. Seit den 1980-ger Jahren ist die Welt jenseits der Politik und des Staates...zum Thema geworden. Erst die Alltags-, dann die Kulturgeschichte haben..."Menschen als lebende Individuen mit subjektiven Wahrnehmungen und Eigenheiten..." zum Thema gemacht. In den Fragenhorizont der 1970er Jahre...ließen sich die Ergebnisse dieser Arbeiten nicht mehr integrieren." (S. 14). Die jüngsten Entwicklungen zeidhneten sich durch den Abschied von alten Leitbegriffen und von der großen Erzählung sein. Die jüngsten Gesamtdarstellungen zeichneten sich durch ihre Offenheit aus. "Sie verlassen den durch die Begriffe Staat, Nation, Reich und Politik abgezirkelten Raum, den Droysen in den 1850er Jahren geöffnet hatte...Weniger deutlich ist allerdings, wohin die [neue] Offenheit führen soll. Was den neuesten Gesamtdarstellungen fehlt, ist eine Zielperspektive, wie sie [den bisherigen Gesamtdarstellungen]eigen war...Vielleicht aber muss eine Zentralperspektive, die die Kaiserreichgeschichte für das 21. Jahrhundert anschlussfähig macht, sich erst noch entwickeln. Bei der Analyse einzelner Forschungskontroversen wird darauf zu achten sein, ob sich neue Wege oder gar ein neuer Weg der Kaiserreichdeutung abzeichnen. Gesamtdarstellungen fassen das für den jeweiligen Autor Wissbare und Wissenswerte zusammen. Sie schließen eher ab als auf. Forschungskontroversen hingegen behandeln immer mehr als das Thema, um das sie vordergründig kreisen." (S. 15/16.) Im folgenden zeichnet der Autor wichtige Forschungskontroversen über das Kaiserreich nach. Er wählt 8 Kontroversen aus: Kontroversen über mögliche Alternativen zu Bismarcks Reichsgründung 1866, Auseinandersetzung über den von Helmut Böhme geprägten Begriff der "Inneren Reichsgründung", über Bismarcks Kolonialpolitik, über die Gründe der Nichterneuerung des sogenannten "Rückversicherungsvertrages zwischen Deutschland und Rußland 1890. In einem weiteren Kapitel steht der deutsche Kaiser Wilhelm II. im Mittelpunkt, wobei auf die Kontroverse zwischen John C. G. Röhl und Wolfgang J. Mommsen über die Verantwortlichkeit des letzten deutschen Kaisers für den Untergang des Kaiserreiches geht. Ein eigenes Kapitel nimmt die sogenannte Fischer-Kontroverse, der wohl bekannteste Kaiserreich-Streitfall, ein. Siebtens werden "Milieutheorien" dargestellt, die im Anschluss an einen wegweisenden Artikel von M. Rainer Lepsius 1966 in immer neuen Anläufen das Verhältnis von Politik, sozialer Struktur und kulturellen Deutungsmustern behandeln. Achtens schließlich geht es um die Kontroverse zwischen den englischen Historikern Blackbourn und Geoff Eley und der jüngeren deutshen Historikergeneration um Hans-Ulrich Wehler, die in der Zeitschrift "Merkur" 1981 ausgetragen wurden. Zuletzt begründet der Autor seine Auswahl.

Insgesamt ein sehr interessantes und informatives Buch. Ich finde es wirklich unübertroffen und wichtig für jeden Historiker, Studenten der Geschichtswissenschaft und historisch und politologisch Interessierten. Auch für Referate unübertroffen. Es gibt meines Erachtens keinen besseren und aktuelleren Forschungsüberblick über dieses Thema.

Der einzige Kritikpunkt liegt im Titel. Dieser heißt: "Das Deutsche Kaiserreich" und impliziert, es handele sich um eine Gesamtdarstellung über diese Epoche. Dies ist jedoch nicht der Fall, es handelt sich - wie ausführlich begründet - um eine Darstellung der Forschung und der Forschungskontroversen zu diesem Thema. Im Gegensatz zu den Reihen des Oldenbourg-Verlages ist nicht in einem - zusätzlichen - Kapitel eine enzyklopädisch gehaltene Gesamtdarstellung des Themengebietes dargestellt. Dies kann man bedauern oder auch nicht. Tatsache jedoch ist, dass die Beschränkung des Themenfeldes nicht aus dem Titel hervorgeht.
Fazit
Ansonsten hervorragend.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne
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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 04. Januar 2005

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