Neben Volker Ullrichs Biographie über den Reichsgründer ist dies das lesbarste
Werk über Otto von Bismarck. Zunächst zeichnen sich alle dtv-portraits durch
Lesbarkeit und besonders durch Übersichtlichkeit aus. Erläuterungen - z.T.
farbig unterlegt - und zahlreiche Abbildungen illustrieren den Text.
Schwarzmüller ist eine lesbare Biographie gelungen, die keinesfalls den
Vergleich mit den Standardwerken von Eyck oder Gall zu scheuen braucht und die
großen Zusammenhänge erläutert. Dies gelingt sonst nur Volker Ullrichs
Bismarck-Biographie (bei rororo) und der soeben erschienenen Lebensbeschreibung
von R. Schmidt (Kohlhammer). Der Werdegang des "weißen
Revolutionärs" wird ebenso deutlich dargelegt wie das Wirken des
preußischen Ministerpräsidenten und späteren Bundes- und Reichskanzlers.
Dabei wird ebenso auf seine Außen-, wie auch Innen- und Sozialpolitik
eingegangen.Während die Außenpolitik insgesamt das Wohlwollen des Autors
findet ("Nach 1871 erlebten die Menschen eine Epoche des Friedens, was
nicht zuletzt Bismarcks Außenpolitik zu verdanken war"), wenn er auch hier
konzediert, dass die Politik des Reichskanzlers immer komplizierter und
schwieriger geriet - insbesondere was das schwierige Verhältnis zu Rußland
anging, so kritisiert er Bismarcks Innenpolitik, vor allem seinen Kulturkampf,
sehr deutlich und kompetent. Auch die Verfolgung der Sozialdemokratie sei nicht
nur ein Fehler gewesen; die Willkürmaßnahmen hätten kontraproduktiv gewirkt,
waren "'psychologisch und politisch ein schwerer Fehler" (S. 125).
Sein Freund-Feind-Denken prägte langfristig die deutsche politische Kultur.
Seine Sozialpolitik, Neuland in Europa, knüpfte an patriarchalische Traditionen
an. Der Staat als "Fürsorgestaat" sollte bei den Arbeitern
Dankbarkeit erzeugen und so der Sozialdemokratie den Boden abgraben.
Schwarzmüller hält sich damit an das traditionelle Bismarck-Bild. Er wird
weder überschwenglich "verehrt" noch als "Dämon" gesehen,
wie dies Willms getan hat. Schwarzmüller argumentiert (wohltunend)differenziert
und ausgewogen und verwendet neueste Sekundärliteratur, die im Anhang
übersichtlich zusammengefasst ist.
Fazit
Diese Biographie ist unbedingt - vor allem neben der von Volker Ullrich - zu
empfehlen, wenn man sich einen ersten Überblick über das Wirken dieses
wichtigen Politikers machen möchte. Gut geeignet auch für Referate.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 28. Dezember 2004 2004-12-28 12:46:36