Da prasselt das Feuer, der Wind rauscht und Sturm heult, es wiehern die Pferde
und brüllen die Löwen. Ächzen und Seufzen jagen den Zuhörer von einem
Gefühlshoch in das nächste. Unheimlich und gespenstisch schallt es zu Zeiten,
und der Teufel spricht gar mit entsetzlich fremder Zunge. Emotionen zu wecken
gelingt dem Gemeinschaftsprojekt vom Sound-Designer bis zum Musiker, Zeichner
und Interpreten in eindrucksvoller Art und Weise. Elf "Balladen für eine
neue Generation" von Goethe, Schiller, Fontane und acht anderen
Zeitgenossen, die zwischen 1788 und 1844 geboren wurden, deklamiert Joachim
Kerzel so mitreißend und meisterhaft, daß ein "Aha-Erlebnis"
unausweichlich bleibt. Der Tod taucht auf in jedem Stück. Romantisch schleicht
er sich als Joseph von Eichendorffs "zauberischer Spielmann" ein, als
"Teufel in der Not" bei Detlev von Liliencron, und als Foltertod bei
Conrad Ferdinand Meyer. Um den Teufel und auch um Gott dreht sich der gruselige
Reigen, und im Grunde um die beiden wichtigsten Dinge der Welt: Angst und Liebe.
Dies ist nicht neu, doch immer aktuell, und bis auf die unheimlich verfremdeten
Stimmen, die auch nicht neu sind (der "Exorzist" läßt grüßen), ist
diese Produktion wirklich einmal innovativ und hoffentlich richtungsweisend.
Fazit
Der "Feuerreiter" ist wahrhaftig ein Hörerlebnis der besonderen Art.
Auch oder gerade wer sonst nicht viel mit Lyrik zu tun hat, findet in der
mitreissenden Interpretation und der "modernen" Aufmachung leicht
Zugang zu den deutschen Klassikern der Dichtkunst.
Vorgeschlagen von Annette Rieck
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veröffentlicht am 18. September 2004 2004-09-18 15:21:12