Joachim Fest ist ein guter Erzähler. Dies wird an dem vorliegenden Buch
deutlich, in dem er die letzten Tage des Dritten Reiches Revue passieren lässt.
Der Wahnsinn des bis zuletzt absolut herrschenden Diktators Hitler wird gut
verdeutlicht. Nicht zuletzt dient das Buch als Vorlage zu dem neuen Film von
Bernd Eichinger, der zur Zeit in den Kinos anläuft. Dies war Anlass für mich,
das Buch erneut zu lesen. Trotzdem habe ich mich gefragt: Warum dieses -
sicherlich brilliant geschriebene - Buch? Es bringt gegenüber dem von Fest
selber zitierten Werk von Hugh R. Trevor-Roper, der bereits 1946 in:
"Hitlers letzte Tage" dessen "Untergang" im Führerbunker
eindrucksvoll beschrieben hat, nichts Neues. "Bis heute ist dieses Licht
kaum schärfer geworden" bilanziert Fest, auf Trevor-Roper eingehend. Ein
grosses Versäumnis sei es gewesen, so Fest, dass Trevor-Ropers Untersuchung
erst Monate nach den Ereignissen eingesetzt habe, als wichtige Zeugen
verschwunden waren. Die 1955 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft
zurückkehrenden Zeugen wurden nicht befragt - ein grosses Versäumnis, wie Fest
es empfindet. Es gibt auch die - auch verfilmten - Erinnerungen von Hitlers
Sekretärin Traudl Junge und - last not least - Fests umfangreiche
Hitler-Biographie von 1973, erneut aufgelegt 1998. Aus diesem Werk wird einiges
hier seitenweise wiederholt, etwa das Kapitel: "Konsequenz oder
Katastrophe: Hitler in der deutschen Geschichte. Hier lehnt Fest eindeutig die
These, es habe von Friedrich dem Großen über Bismarck bis Hitler eine
Kontinuitätslinie in der deutschen Geschichte gegeben, ab. Dieser Abschnitt -
der sich in Fests Hitler-Biographie ebenfalls findet, ist eine der besten
Darstellungen über die langfristigen Ursachen von Hitlers Machtübernahme 1933
und führt ausgezeichnet in die Geistes- und Mentalitätsgeschichte der
Deutschen im letzten Jahrhundert ein.
Fazit: Für diejenigen, die Fests Hitlerbiographie - neben Haffners:
"Anmerkungen zu Hitler" die bis heute beste Publikation über den
deutschen Diktator - nicht lesen wollen - sie ist weit über 1000 Seiten stark -
der ist mit diesem Werk gut bedient.
Fazit
Neuigkeiten gegenüber Trevor-Roper oder Fests eigenen Feststellungen von 1973
habe ich jedoch nicht gefunden. Und die Tatsache, dass keine neuen Fakten
gegenüber diesen früheren Erkenntnissen angeboten werden, macht es weniger
wertvoll für Wissenschaftler, wenn auch die außerordentliche Plastizität und
die großartige Schilderung dieses Zeitabschnittes den grandiosen Erzähler Fest
- der er neben dem Historiker Fest eben auch ist - verrät. Daher auf jeden Fall
trotz des Mangels an wirklich Neuem lesenswert.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 17. September 2004 2004-09-17 14:48:48