Dies ist mein erster Roman von Berna González Harbour. Er wurde 2023 in Spanien
verfilmt. Es macht immer wieder Spaß, neue Autorinnen zu entdecken. Vor allem,
wenn man nach den ersten Seiten schon spürt, dass sie etwas vom Handwerk
verstehen.
Es ist ein heißer Sommer in Madrid. Die Fußballnationalmannschaft kämpft um
den Titel. Ganz Madrid läuft in roten Trikots durch die Straßen. Da wird mehr
zufällig eine Leiche im See eines Parks gefunden. Eigentlich war der junge Mann
beschwert und sollte gar nicht an die Oberfläche kommen, doch das ging wohl
schief.
Comisaria María Ruiz wird mit ihren Leuten trotz Fußball zum Tatort gerufen.
Die etwas eigenwillige Comisaria hat bislang jeden ihrer Fälle gelöst und
ist bekannt dafür, mit allen Regeln zu brechen. Doch noch muss es gar nicht
dazu kommen, da taucht eine zweite Leiche in einem anderen Ort auf. Ebenfalls
ein sehr junger Mann. Doch können die beiden Toten und deren Tod etwas
miteinander zu tun haben? Ein Tattoo, welches beiden Jungs tragen und vom
Tattookünstler auf den Namen Roter Sommer getauft wurde, stellt einen
Zusammenhang her.
Dieses rätselhafte Tattoo des Toten führt sie zu einer katholischen Schule,
hinter deren Türen sie düstere Geheimnisse wittert. Kaum haben die
Ermittlungen begonnen, wird eine zweite Leiche gefunden. Ein Wettlauf gegen die
Zeit beginnt.
Das Thema der pädophilen Priester ist bereits eine Herausforderung für viele
Menschen, so auch für Leser, aber auch im besonderen Maße für die
Schriftstellerin. Es ist schockierend zu erfahren, dass die katholische Kirche
die Taten dieser Priester oft verschleiert hat. Es ist auch beunruhigend, dass
Missbrauch in Familien und sogar in Schulen stattfindet, wo Kinder eigentlich
geschützt werden sollten. Um so interessanter ist es, dass Berna González
Harbour sich dieses Themas annimmt, um auf unterhaltsamer und spannender Weise
auf dieses düstere Thema der katholischen Kirche hinzuweisen.
Der Roman verfügt über ein breitgefächertes Figurenensemble, das den Leser in
seinen Bann zieht. Da ist die Kommissarin, die hart und unnahbar wirkt und
keinerlei Emotionen an sich herankommen lassen will. Ihr Assistent ist clever
und intelligent, aber es ist oft schwierig, ihm Informationen zu entlocken. Der
Journalist hatte früher eine Beziehung mit der Kommissarin und ist immer noch
von ihr fasziniert. Der Mentor der Kommissarin hat ihr viel beigebracht und sie
geprägt. Nicht zuletzt spürt auch der Kriminaltechniker eine gewisse
Anziehungskraft zur Chefin. Zusammen bilden sie mit ihren Beziehungen
untereinander ein fesselndes Geflecht aus sympathischen Menschen.
Die Dramaturgie des Romans ist spannend aufgebaut. Es beginnt langsam und
steigert sich von Kapitel zu Kapitel. Anfangs wird nur ermittelt, aber die
Akteure geraten schließlich mächtig unter Druck und in Gefahr. Der Showdown am
Ende ist mit viel Action verbunden. Nachdem der Fall gelöst ist, wird auch das
Beziehungsgeflecht zufriedenstellend abgeschlossen. Obwohl man immer wieder
Kapitel zu lesen bekommt, die offensichtlich die Perspektive des Täters
darstellen, bleibt dieser dennoch bis zum Ende verborgen, was mir besonders gut
gefallen hat.
Der Erzählstil der Autorin ist bildhaft und fesselnd. Mit vielen Details, wie
zum Beispiel einer kleines Echse, die durch einen Mauerspalt lugt. oder den
Geranien und Pelargonien, auf dem Weg zur Haustür, schafft sie es, ein
lebendiges Bild der spanischen Lebensweise zu vermitteln. Gleichzeitig zieht
sich das Thema Fußball wie ein angenehmes Hintergrundrauschen durch den
gesamten Roman.
Fazit
»Roter Sommer« ist ein spannender spanischer Krimi, der mit einem wirklich
schwierigen Thema aufwartet, aber ganz großartig aufbereitet ist. Die
Charaktere sind super interessant und man hat das Gefühl, sie richtig
kennenzulernen. Besonders gelungen sind die Beziehungen zwischen den Figuren,
die der Geschichte eine zusätzliche Tiefe verleihen. Die Handlung ist packend
und die Täter sind bis zum Schluss nicht erkennbar, was für richtig spannende
Lesestunden sorgt. Ideal für Krimifreunde, die gerne in komplexe Geschichten
eintauchen!
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 08. November 2024 2024-11-08 10:26:38