Die aktuelle Krise der Demokratie - global, kontinental und auch national bei
uns in Deutschland - bewegt momentan die Gemüter, wenn es um den politischen
Diskurs geht. Eine rechtsextreme Partei wie die AfD spielt in diesem
Zusammenhang stets eine Rolle, wenn auch kontrovers. Das vorliegende Buch
erschien im unmittelbaren Vorfeld der beiden ersten Landtagswahlen des Jahres
2024 (Sachsen und Thüringen) und heute Abend steht ein Ergebnis auch für das
Land Brandenburg fest. Der Wählerwille in diesen ostdeutschen Regionen ist
klar: Entweder wird die AfD stärkste politische Kraft (siehe Thüringen) oder
sie ist den etablierten Parteien sehr dicht auf den Fersen (z.B. in Sachsen).
Die beiden Autoren haben zu den politischen Zielen der AfD eine eindeutige
Meinung und diese erläutern sie in diesem jüngst erschienenen Buch.
Die AfD ist eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland! Dieses Statement
stellt das inhaltliche Credo. Michael Kraske und Dirk Laabs stellen ausführlich
dar, wie sie zu dieser Ansicht gelangten. Der erste Teil des Buches beschäftigt
sich mit den Befunden der beiden Autoren. Sie greifen hierbei auf eine Vielzahl
von Quellen zurück und verdeutlichen ihre Erkenntnisse anhand von Beispielen.
Es wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Partei eine Meisterin subtiler
Einflussnahme ist, die in der Öffentlichkeit zunehmend Gehör findet und das,
trotzdem extremistische Ansichten mehr oder weniger unverhohlen zum Ausdruck
gelangen und trotz der Tatsache, dass sich in der kurzen Geschichte der Partei
die Hauptakteure der AfD immer wieder selbst die besten Feinde sind.
Was tun? Hiermit beschäftigen sich die beiden folgenden Kapitel des Buches.
Hierbei geht es um die Abwägung, ob ein Verbotsverfahren gegen die AfD
angestrengt werden sollte und ob es (aus derzeitiger Perspektive) Aussicht auf
Erfolg haben könnte. Abschließend stellen Kraske und Laabs Lösungen vor,
deren rasche Umsetzung angemahnt wird, denn die AfD kratzt an den Pforten zur
Macht.
Fazit
Damit haben sie recht! Wie eingangs erwähnt, befindet sich die rechtsextreme
AfD auf einem Vormarsch. Wem könnte das gleichgültig sein? Die Erkenntnisse
der beiden Autoren tragen einerseits zur Erkenntnisbildung bei, insbesondere im
ersten Kapitel des Buches. Hier wird der Werdegang der AfD gleichsam
"seziert" und nachgezeichnet. Gut recherchiert und flüssig lesbar
werden die Befunde der (teils) investigativen Recherchen der Leserschaft
präsentiert und das ermöglicht durchaus eine individuelle Positionierung.
Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit oder besser einer Notwendigkeit, ein Verbot
der AfD vor dem Bundesverfassungsgericht anzustreben, inspiriert geradezu
selbstverständlich zu Kontroversen. Die Position der beiden Autoren ist klar:
Verbotsverfahren so rasch wie möglich, bevor es zu spät ist. Das Abwägen und
die hieraus resultierende Argumentationslinie ist subjektiv und gerade dadurch
anregend.
Als weniger geschmeidig empfinde ich das abschließende Kapitel des Buches, das
sich mit möglichen Lösungen beschäftigt, um unsere Demokratie in der
derzeitigen Konstellation zu sichern. Mag der Grundtenor auch zutreffen, an
verschiedenen Stellen verstricken sich die Autoren in voreilige
Schlussfolgerungen. Hierzu möchte ich ein Beispiel aufführen (siehe S. 287):
"Die vielbeschworene Brandmauer - in Städten und Kreisen ist sie längst
gefallen. Auf kommunaler Ebene sind dutzende Beispiele einer Zusammenarbeit mit
der AfD dokumentiert. (...) Mal geht es um die Besetzung von Ausschüssen, mal
um den Neubau eines Jugendzentrums. Doch das Argument, wonach neue Kitas oder
Straßen weder rechts noch links seien, trägt nicht. Auch in den Kommunen
spielt Ideologie eine Rolle. (...) Wer eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht
kategorisch ausschließt, sondern sie situativ von Sachfragen abhängig macht,
öffnet dem Rechtsextremismus die Tür zur Macht -...". Vom Grundatz her
nachvollziehbar und richtig. Aber in letzter Konsequenz? Nehmen wir also an, der
fiktive AfD-Antrag auf den Neubau eines Jugendzentrums wird von den anderen
Fraktionen einer Kommune abgelehnt. Begründung: "Das war ein Antrag der
AfD, dem können wir grundsätzlich nicht zustimmen." Ich befürchte, genau
dieser Schuss geht nach hinten los und dürfte den Populisten eine noch
größere Zahl an Wählern bescheren, in meinem Beispiel vor allem aus den
Reihen junger Wähler.
Natürlich gibt es auch in der Frage des Mit- und Gegeneinander keine einfachen
Lösungen (alles andere wäre populistisch). Den Politikerinnen und Politikern
der demokratischen Mitte steht ein steiniger Weg bevor. Eine gesunde Mischung
aus "Nah bei de Leut' sein" (Kurt Beck, SPD), vernünftiger und
verantwortungsvoller Sachpolitik und überzeugter und überzeugender
demokratischer Standhaftigkeit werden mehr denn je gefragt sein. Die Hoffnung,
dass es gelingen kann, Demokratie und Wohlstand aufrecht zu erhalten, habe ich
(noch) nicht aufgegeben.
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 29. September 2024 2024-09-29 14:18:22