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Arne Semsrott: Machtübernahme

Machtübernahme

von Arne Semsrott
Verlag: Droemer Knaur [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-426-65984-7

Preis: 22,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 13. August 2024]
Nicht nur auf großer internationaler Bühne geraten die liberalen Demokratien unter Druck, auch die letzten Wahlen haben gezeigt: Europa rückt nach rechts. Davon macht Deutschland keine Ausnahme. Gebannt richten sich bereits die Blicke auf die bevorstehenden Wahlen im Herbst. Ein Szenario, das in dem ein oder anderen Bundesland mit der AfD eine rechtsextreme Partei an den Pforten der Macht kratzt, ist aufgrund aktueller Meinungsumfragen keine Illusion. Was ist zu tun, wenn es Wirklichkeit würde?

Arne Semsrott, Journalist und Aktivist, beschreibt das mögliche Szenario einer "Machtübernahme" und nimmt dann in den einzelnen Kapiteln konkrete Bereiche ins Visier, die politisch und praktisch von drastischen Veränderungen betroffen wären (Zivilgesellschaft, Justiz, Beamte, Gewerkschaften, Unternehmen und Medien). Er malt ein Bild davon, wie diese Veränderungen aussehen könnten und schließt jedes Kapitel mit konkreten Hinweisen ab, wie sich die betroffenen Bereiche einem Abdriften in ein totalitäres System entgegenstellen könnten. Der Stellenwert der "Brandmauer" gegen rechts und das "Prepping", also die Vorbereitung auf das mögliche Ereignis einer Regierungsübernahme durch die AfD (oder deren unmittelbarer Regierungsbeteiligung), wird abschließend aufgezeigt.
Fazit
Dem Großteil der deutschen Wählerschaft bereitet das aktuelle Geschehen zweifelsfrei jede Menge Kopfzerbrechen. Zu keiner Zeit nach 1945 stand die Demokratie derart unter Druck, wie zurzeit. Es ist also angemessen, notwendig und legitim, wenn die Öffentlichkeit nicht nur auf die bedrohliche Situation hingewiesen wird, verbunden mit dem Hinweis auf die entmutigenden Konsequenzen eines möglichen Scheiterns. Hier geht Arne Semsrott in seinem Buch noch einen (erfreulichen und sinnvollen) Schritt weiter und entwickelt konkrete Ideen für Gegenmaßnahmen. Er betrachtet wesentliche Strukturen eines demokratischen Staates, nennt aktuelle (internationale) Beispiele, an denen klar wird: das Ganze ist nicht nur ein Horrorszenario!

Es finden sich durchaus hilfreiche Tipps, die im Falle des Falles vorhanden sind, um das Schlimmste zu verhindern bzw. zeitlich stark zu verzögern. Es werden jedoch Sichtweisen aufgeführt, denen ich nicht folgen möchte. Beispielhaft möchte ich an dieser Stelle die Änderung des Wahlrechts anführen: die Abschaffung der 5%-Klausel führt natürlich dazu, dass die Stimmen für Kleinparteien "verloren" gehen und deren Wähler sich eventuell fragen: warum gehe ich eigentlich zur Wahl? Die Abschaffung einer derartigen Klausel halte ich aufgrund der weiteren Zersplitterung der Parteienlandschaft für bedenklich. Es ging schon einmal schief - siehe Weimarer Republik. Profiteure waren die politischen Ränder und nicht etwa die politische Mitte. Ich sehe eine derartige Gefahr heute durchaus nicht als geringer an.

Wahlrecht mit 16 generell einführen: gut und schön und eine ernsthafte Überlegung durchaus wert! Aber das Wahlverhalten der Erstwähler bei der Europawahl zeigt klar: auch das alleine rettet die Demokratie nicht. Randbemerkung: vor der Absenkung des Wahlalters auf Bundes- und Landesebene sollte zumindest eine repräsentative Befragung als Grundlage einer Entscheidung stattfinden. Alleine mit der jeweiligen Parteijugend darüber zu diskutieren, spiegelt nicht die Meinung der Breite unserer 16/17-Jährigen wider!

Der Vorschlag, den Kandidaten der AfD möglichst geringes öffentliches Podium zu bieten, da sich die politischen Ansichten nicht "entzaubern" lassen, steht für mich im Widerspruch zur eigenen Feststellung des Autoren: der AfD-Wähler lässt sich ohnehin nicht überzeugen... Na ja, vielleicht gelingt es ja bei dem ein oder anderen Unentschlossenen bzw. zumindest ein Teil der Protestwähler werden gangbare Alternativen in der direkten Konfrontation deutlich gemacht.

Abschließend sei auch noch einmal an einen wesentlichen Fakt unseres Grundgesetzes erinnert, denn eine "Machtübernahme" ist ja kein unumgängliches Schicksal: In Artikel 20 (2) heißt es: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt." Soll heißen: jeder von uns ENTSCHEIDET, wie es weitergeht. Die aktive Wahrnehmung des Wahlrechts bietet dafür nach wie vor die allerbeste Möglichkeit!
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Vorgeschlagen von Dietmar Langusch [Profil]
veröffentlicht am 13. August 2024

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