Es sei vorausgeschickt, dass es sich bei »Die New-York-Trilogie« um drei
getrennt erschienene Romane aus den Jahren 1985 und 1986 handelt, die damals
auch zeitnah in deutscher Übersetzung erschienen waren. Jeder dieser Romane ist
kein normaler Krimi, sondern ein Roman mit kriminellen Zutaten.
Erster Roman: Stadt aus Glas: Da ist zunächst Daniel Quinn. Vor fünf Jahren
hat er Ehefrau und Sohn verloren. Seitdem vegetiert er allein in New York vor
sich hin. Er schreibt Romane unter dem Pseudonym William Wilson, macht alles
unter diesem Namen. Nicht mal sein Literaturagent kennt ihn persönlich. Jedes
Jahr ein Detektivroman, an dem er sechs Monate arbeitet und von dessen Geld er
zwölf Monate leben kann. Der Protagonist in diesem Romanen ist der
Privatdetektiv Max Work. Während William Wilson eine abgespaltene
Persönlichkeit von Quinn ist, von der er nichts wissen will, die er auch nicht
mag, die lediglich auf dem Cover seiner Romane steht, ist Max Work eher der Typ,
der er auch gerne sein würde.
Eines Tages erhält Quinn einen seltsamen Anruf. Jemand möchte den
Privatdetektiv Paul Auster sprechen. Quinn findet das merkwürdig, weil er nicht
Auster heißt oder ist. Deshalb legt er auf, zumal der Mann auf der anderen
Seite der Leitung so eigenartig klingt. Doch daraufhin überlegt er es sich
anders und wartet jeden Abend auf einen erneuten Anruf dieser Person. Bis es
einige Tage später klappt. Quinn lässt den Anrufer in dem Glauben, dass er der
gewünschte Privatschnüffler Paul Auster ist und verabredet einen Termin mit
dem Anrufer. So schlüpft Daniel Quinn in die Rolle eines Privatdetektivs und
erhält seinen ersten Auftrag. Der wird allerdings noch skurriler als die erste
Begegnung mit diesem ominösen Auftraggeber. Nun solltet ihr allerdings so
gespannt sein, wie ich es war, um zu erfahren, wie es mit Daniel Quinn alias
Paul Auster weitergeht.
Zweiter Roman: Schlagschatten: Der zweite Roman in dieser Trilogie hat einige
Gemeinsamkeiten mit dem ersten Roman. Es ist wieder eine Detektivgeschichte.
Auch hier wird jemand beauftragt, einen anderen Menschen zu beschatten, ihn zu
beobachten und schließlich darüber zu berichten. Erneut hat die Geschichte mit
Schriftstellern und dem Schreiben von Gedichten und Geschichten zu tun.
Das skurrilste an dieser sind aber die Namen der Figuren, denn es sind lediglich
Farben. So wurde das Detektivbüro von Brown gegründet, der auch den aktuellen
Inhaber Blue angelernt hatte, nun aber im Ruhestand ist. Blue ist die Hauptfigur
dieses Romans. Er wurde von White beauftragt, Black zu beschatten. Er bekommt
regelmäßig Geld und eine Wohnung dafür gestellt. Interessant wird es, als
Black seinen Gesprächspartner Blue – denn dieser hält es irgendwann nicht
mehr aus und trifft anonym und verkleidet mit seiner Zielperson zusammen –
einen Black and White Whisky anbietet. Schwarzer Humor lässt grüßen.
Dritter Roman: Hinter verschlossenen Türen: Mit dem dritten Roman in dieser
Trilogie schließt sich in gewisser Weise der Kreis. Zunächst geht es darum,
dass Ich-Erzähler (Ich kann mich nicht erinnern, dass diese Figur einen Namen
hätte!) über das Vermächtnis seines Schulfreundes Fanshawe informiert wurde.
Dessen Ehefrau teilt dem Ich-Erzähler mit, das Fanshawe verschwunden sei. Er
solle das Material in Form von Manuskripten, Gedichten und Theaterstücken
entweder vernichten oder veröffentlichen. Bei Veröffentlichung könne er
selbst 25% von den Einnahmen behalten. Außerdem erfährt der Ich-Erzähler,
dass Fanshawe bereits von einem Privatdetektiv namens Quinn (!) gesucht worden
war. Die Suche blieb allerdings erfolglos. Danach gingen alles davon aus, dass
Fanshawe tot wäre. Der Ich-Erzähler trifft sich mit einem weiteren
Schulkameraden, der heute als Lektor tätig ist und plant mit diesem die
Veröffentlichung des Materials über mehrere Jahre hinweg. Außerdem heiratete
er die Ehefrau Fanshawes und adoptierte dessen kleinen Sohn, der ihm bald Papa
nannte. Es wurde eine glückliche Familie.
Doch mit dem Erfolg der Bücher hatte keiner gerechnet. Da erreichte der
Ich-Erzähler ein Brief von Fanshawe, der sich ebenfalls von dem Erfolg
überwältigt sah. Allerdings wollte er nicht gefunden werden und drohte, den
Ich-Erzähler zu töten, falls der ihn aufspüren würde. Er wollte weiterhin
als tot gelten. Es ist Wahnsinn, in welcher Weise Paul Auster mit diesen drei
Romanen seine Spannung aufgebaut hat. Die Überraschung am Ende des dritten
Romans kann kaum größer sein. Man beachte den Namen des nur kurz erwähnten
Detektivs im dritten Roman.
Man bedenke auch, dass die drei Romane jeweils mit zeitlichem Abstand erschienen
sind. Und trotzdem gibt es ein zufriedenstellendes und überraschendes Ende am
Schluss des letzten Romans. Paul Auster hat drei Romane sehr selbstbewusst und
flippig aufgeschrieben. Er ist sich nicht zu schade, die Leser als auch die
Buchbranche auf den Arm zu nehmen, indem er ihnen ganz bewusst etwas
Lokalkolorit anbietet, damit die Leser es kaufen.
Zwar behauptet Paul Auster, dass nun genug Lokalkolorit enthalten sei, aber
trotzdem strotzt der Roman weiterhin nur so voller New Yorker Charm und Fleur.
Der Schreibstil ist ein wenig plaudernd und an manchen Stellen erkennt man, wie
Paul Auster mit den Lesern spielt. Nicht nur bezüglich des Lokalkolorits. An
anderer Stelle z.B. wenn er schreibt, dass er gar nicht weiter ins Detail gehen
will und anschließend über drei Seiten genau diese Details ausbreitet. Ich
finde diesen Ton gegenüber den Lesern einfach herrlich!
Fazit
»Die New-York-Trilogie« ist die Zusammenstellung dreier separat erschienener
Romane, die erstaunlich viele Gemeinsamkeiten haben. Jeder Geschichte wirkt wie
eine klassische spannungsgeladene Kriminalgeschichte Die Neuerscheinung dieser
Romane bei Rowohlt in einem Buch hat mir sehr gut gefallen und ich empfehle
ihnen allen feinfühligen Lesern, die nicht nur an der Oberfläche schürfen
wollen.
Insgesamt weisen die drei Kriminalgeschichten in einem Roman viele
Gemeinsamkeiten auf. Von den skurrilen Zutaten bis zur überraschenden
Auflösung am Ende der dritten Geschichte, bietet dieses Buch eine spannende und
unterhaltsame Lektüre für jeden Literaturfan.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 12. Februar 2024 2024-02-12 11:03:52