Glänzend
Die Blaupause dieses neuen Thrillers um den charismatischen, hartnäckigen und
durchaus idealistischen New Yorker Anwalt Eddie Flynn ist nicht unbedingt neu.
Rassismus, ein unschuldig auf der Anklagebank sitzender Mann, der am Ende
"einfach die falsche Hautfarbe" (oder, aus Sicht des Anklägers, zum
Glück die für ihn "passende Hautfarbe") hat und ein fast sicher
schon im Vorfeld verlorener Mordprozess im tiefsten Alabama sind das, was Eddie
Flynn und sein Team im Süden Amerikas auf den Plan rufen. Doch bei näherem
Hinsehen und während der in gutem Tempo verfassten Lektüre wird schon von
Beginn an klar, dass Cavanagh einfach das Talent, tief in sein
"Personal" einzutauchen, Motive und Handlungen den Lesern und
Leserinnen sehr plastisch und differenziert, sehr fassbar, vor die Augen zu
legen und dabei auch gesellschaftliche Dynamiken "auf den Punkt" zu
erzählen.
Wenn Eddie und Harry, sein väterlicher Mentor, die Nacht im Leihwagen zu
verbringen haben und Eddie Stunde um Stunde auf sein "Suchtmittel",
Kaffee, zu verzichten hat, weil Leute, die "sowas" zu verteidigen
gedenken, vor Ort auf verschlossene Türen und massive Feindschaft treffen. Da
ist es fast logisch, dass am nächsten Morgen mit dem Leihwagen auch nicht mehr
gefahren werden kann. Dicht und atmosphärisch packend wird es dann aber
umgehend, wenn mit Generalstaatsanwalt Korn, einem Pastor und anderen ach so
klar "im Leben stehenden" Menschen das "Böse" greifbar und
bedrängend mehr und mehr in den Raum tritt.
Es gibt sie ja durchaus, jene "Mörder", die gar nicht selbst Hand
anlegen, die ihre dunklen Triebe scheinbar völlig im Rahmen des herrschenden
Gesetzes bis dato ungestraft befriedigen können. Wobei auch hier Cavanagh nicht
den Fehler begeht, zu schablonenhaft seine Protagonisten gegeneinander ins Feld
zu führen, sondern in den kleinen Hinweisen auf das, was genau dieser
Staatsanwalt "unter der Hose" trägt, die inneren Motive, die
schwärende Übelkeit des Bösen fest in den Blick nimmt und damit auch die
inneren Brüche solcher Persönlichkeiten in den Raum der Seiten stellt. So dass
man als Leser und Leserin den entsprechenden Geruch fast meint, tatsächlich
riechen zu können.
Dass auch zwei Geständnisse und allumfassender Druck auf jeden und jede der
Beteiligten nicht unbedingt die Sicherheit geben, wieder mal mit düsterer
Erregung sich der "Yellow Mama" bedienen zu können, dafür steht dann
aber Eddie Flynn und der hin- und herwogende Gerichtsprozess. Dessen Verlauf
genau in der richtigen Art nicht ausgewalzt, aber eindringlich im zweiten Teil
des Thrillers in den Mittelpunkt rückt. Mitsamt einer stetig drohenden Gefahr,
denn bei Cavanagh muss man sich immer gewahr sein, dass auch Sympathieträger
hier und da ohne Chance gegen das skrupellose Böse sein werden.
Fazit
Ein hervorragend verfasster, seine Protagonisten differenziert und emotional
fassbar in den Raum stellender Thriller, der mit seiner Spannung und seinem
Tempo kaum vor der letzten Seite aus der Hand gelegt werden kann.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 05. Februar 2024 2024-02-05 18:35:40