Perfide und äußerst schwer zu fassen
Es ist eine überaus beängstigende Vorstellung. Dass man tief schlafend im
eigenen Bett liegt. Natürlich die Haustüren ordentlich (und mehrfach
gesichert!) verriegelt hat und dann doch eine Gestalt im Dunklen sitzt und einen
einfach beobachtet. Hier und da Schubladen öffnet, um am Ende eine ominöse
Nachricht zu hinterlassen und alles fein säuberlich wieder verschlossen
zurücklässt. Nicht wenige derer, denen dies im neuen Thriller von Jeffery
Deaver um das kongeniale Ermittler-Duo (und Ehepaar) Lincoln Rhyme und Amelia
Sachs so widerfahren ist, wurden bereits ihres Lebens in den eigenen vier
Wänden nicht mehr froh und haben die Wohnung bereits gewechselt.
Doch "der Schlosser" will mehr. Nicht nur passiv beobachten. Sondern
sein Gefühl der Macht und Kontrolle, sein Hochgefühl seines Eindringens durch
jedwedes Schloss aktiv auskosten. Und Messer ziehen ihn dabei magisch an. Jenen
Mann, der keinerlei Spuren hinterlässt, der äußerst sorgsam vorgeht. Dem
Amelia Sachs im ersten Teil des Thrillers ein einziges Mal, und dass durch
Zufall, sehr nahekommt. Und damit ebenfalls in den scharfen Blick des im Alltag
eher unscheinbaren Mannes gerät.
Während Lincoln Rhyme, der erfolgreichste Berater der New Yorker Polizei und
ein Forensiker allerschärfsten Verstandes gerade in diesem Moment, vielleicht
aufgrund seiner eigenen Überheblichkeit in einem wichtigen Prozess, seinen
Beraterposten offiziell verliert. Was ihn nicht hindert, heimlich an seinen
Fällen weiterzuarbeiten, nun aber unter dem verschärften Druck einer ihn
beobachten Polizei, deren unangemeldete Besuche seine Arbeit deutlich behindern
werden.
Eine bedrängte Gemengelage und ein überaus spannender Fall ist es, was Deaver
in aller Ruhe und doch durchaus mit gleichbleibendem Tempo vor den Augen von
Leserinnen und Lesern Schritt für Schritt entfaltet. Wobei bereits die ersten
Szenen jenes beklommene Gefühl bei der Lektüre installieren, dass durchgehend
erhalten bleibt und sowohl das Vorgehen des "Schlossers", wie auch die
Rache des Angeklagten im Prozess, den Rhyme "vor die Wand gesetzt
hat", miteinander zu einer stetig im Hintergrund lauernden Gefahr kunstvoll
verbindet.
Ein um das andere Mal führt Deaver seine Haupt- und Nebenfiguren dabei in
eskalierende Situationen, die spannend aufgebaut werden und dann durchaus
überraschende Wendungen erhalten. Wenn ein Mobile im Kinderzimmer nachts in der
dunklen Wohnung beginnt, seine Melodie zu spielen, wenn Amelia Sachs einen
düsteren, möglichen Tatort begutachtet und dabei, ohne es zunächst zu
bemerken, absolut nicht alleine vor Ort ist und nicht wenige weiterer solcher
sich zusammenziehender Situationen den Weg der Ermittlungen pflastern. Gut, dass
das Team um das Ehepaar herum sich nicht einschüchtern lässt und auf
Mikro-Ebene Spuren nach und nach ihre Geheimnisse preisgeben.
Fazit
Ein wieder einmal anregender, spannender, nicht loslassender Thriller um den
gelähmten Forensiker und seine zupackende Ehefrau, die Polizistin mit Mut und
Spürnase.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 15. Januar 2024 2024-01-15 15:47:07