Eva Bruhns ist die jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, die in Frankfurt die
Gaststätte "Deutsches Haus" betreiben. Eva arbeitet als Dolmetscherin
und hat Jürgen kennengelernt. Den Sohn einer wohlhabenden Unternehmerfamilie,
mit dem sie kurz vor ihrer Verlobung steht. Es ist der Winter 1963, als der
erste Auschwitz-Prozess in Frankfurt vorbereitet wird und Eva geben wird, als
Übersetzerin bei diesem Gerichtsverfahren zu arbeiten. Ihre Eltern und ihr
Verlobter sind dagegen. Jeder will die dunkle Vergangenheit vergessen. Doch Eva,
die bisher kaum etwas über Auschwitz weiß, folgt ihrem Gefühl und widersetzt
sich dem Willen ihrer Familie und ihres zukünftigen Mannes. Sie ahnt zu diesem
Zeitpunkt noch nicht, welche Wunden der Prozess aufreißen, und wie sich ihr
eigenes Leben dadurch verändern wird.
Den Namen Annette Hess hat man bisher mit grandiosen Fernsehproduktionen in
Verbindung gebracht. So stammen die Serienhits "Weißensee" und
"Ku'Damm 56 / 59 / 63" aus ihrer Feder. Was lag da also näher, als
irgendwann auch als Romanautorin zu debütieren. Genau das hat sie mit
"Deutsches Haus" getan und sich dafür ein eher dunkles Kapitel der
deutschen Geschichte ausgesucht – die Auschwitzprozesse.
Wer die Serien von Annette Hesse kennt, der weiß, dass sie ein unglaubliches
Gespür dafür hat, den Kolorit der damaligen Zeit authentisch einzufangen und
mit einer fiktionalen Geschichte anzureichern. Genau das macht sie auch hier.
Die Story von Eva Bruhns ist nicht nur vor dem Hintergrund der Prozesse ein
Highlight, sondern ein Brennglas der jüngeren Vergangenheit hinsichtlich
Emanzipation.
Allerdings fand ich den Anfang des Romans etwas sperrig. An der einen oder
anderen Stelle hätte ich mir mehr Dialog gewünscht, was die Handlung sicher
noch spannender gemacht hätte. Im weiteren Verlauf, spätestens mit Prozess
beginn, kann Annette Hess dann aber all die Stärken ausspielen, die man aus
ihren Serien kennt und schätzt. Vor allem die Behutsamkeit, mit der sie das
sensible Thema der gerichtlichen Verfahren angeht, kann hier beeindrucken. Daher
wundert es auch nicht, dass der Streaming-Sender Disney+ das Buch mit großem
Staraufgebot als Mini-Serie verfilmt hat.
Fazit
Annette Hess kann auch als Romanautorin die Erwartungen mehr als erfüllen.
"Deutsches Haus" ist ein toller Roman, der genau die Leserschaft
begeistern wird, die sichDeutsches Haus für ihre Serien interessieren. Die
einfühlsame und lehrreiche Geschichte rund um die Auschwitz-Prozesse ist
überaus lesenswert.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 15. Dezember 2023 2023-12-15 17:50:37