Eigentlich wollte Kommissar Kant mit seiner pubertierenden Tochter, die vor
Kurzem bei ihm eingezogen ist, einen ruhigen zweiten Weihnachtsabend verbringen.
Da wird er zu einem Mordfall gerufen. Im Münchner Ortsteil Obermenzing wird die
Leiche eines Mannes gefunden. Deutet alles zunächst auf einen Unfall hin, wird
schnell klar, dass das Opfer ermordet wurde. Die Ermittlungen führen Kant und
seine Kollegin in ein Dorf am Ammersee und bald wird deutlich, dass es hier mehr
als ein dunkles Geheimnis gibt.
Mit "Kant und der sechste Winter" legte Marcel Häußler vor ziemlich
genau zwei Jahren den ersten Band um seinen Münchner Kommissar vor. Auf ihre
Kosten kommen hier vor allem die Fans feinsinnig gesponnener Fälle, die
durchdacht sind und die wie in gut geöltes Uhrwerk Zahn für Zahn
ineinandergreifen. Unter diesem Aspekt ist der Roman ein Volltreffer, den der
Fall an sich und dessen Auflösung können komplett überzeugen.
Leider gibt es einige Faktoren, die den Lesespaß etwas trüben. Nach gutem
Beginn nimmt Marcel Häußler das Tempo aus der Geschichte, die sich gerade im
Mittelteil ziemlich in die Länge zieht. Die agierenden Figuren sind sehr
klischeehaft und erinnern an Ermittler aus unzähligen Fernsehkrimis, zumal Kant
selbst in diesem Band zu blass und farblos bliebt. Zudem hätte ich mir
gewünscht, dass der Roman mehr Lokalkolorit besitzt. Letztlich könnte die
Story auch in Hamburg oder Berlin spielen.
Stilistisch konnte mich Marcel Häußler durchaus überzeugen. Gute
Perspektivwechsel sorgen für eine breite Informationsmöglichkeit und der
flüssige Schreibstil des Autors weiß ebenfalls zu gefallen.
Fazit
"Kant und der sechste Winter" ist ein durchaus gelungener Auftakt
einer deutschen Kriminalreihe. Zwar ist für weitere Romane noch Luft nach oben,
aber der Fall an sich macht Spaß und wird vor allem die Leser überzeugen, die
auf ruhige Kriminalromane stehen.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 14. November 2023 2023-11-14 20:06:35