Mehr Inselbegeisterung denn Kriminalfall
Das Autorengespann Kobr / Klüpfel ist ja zumindest in Deutschland inzwischen
breit bekannt. Die "Kluftinger-Krimis" sind Kult und immer eine
Lektüre wert. Vor allem aufgrund des intensiven Lokalkolorits, das um
Kluftinger herum immer mit eine tragende Rolle spielt und, hier und da, die
eigentlichen Kriminalfälle überlagert. Dies trifft auch auf dieses
"solistische" Werk von Michal Kobr deutlich zu. Denn sein Ermittler
Lennart Ipsen, der sich nach anstrengenden privaten und beruflichen Jahren auf
seine geliebte Insel Bornholm hat versetzen lassen, weiß die Menschen, die
Natur, die Atmosphäre, das Essen und die gesamte Lebensform des Eilandes tief
zu schätzen.
Was bei seinem kleinen, gemieteten Haus beginnt, seine beiden Kolleginnen (und
bei einer deren Ehemann) umgehend mit einschießt und bei den wunderbaren
Blicken über das Meer undenkbar leiblichen Genüssen auf dem Markt und in edlen
Restaurants noch lange nicht endet. Dass da ein Schweinebauer plötzlich
geräuchert und tot auftaucht, dass mit dessen engstem männlichen Freundeskreis
nicht alles zum Besten steht und weiterhin Gefahr in Verzug vorherrscht ohne zu
Anfang die geringste Ahnung von möglichen Motiven zu haben, das läuft zwar als
roter Faden im Buch mit (und wird, natürlich) auch einer Auflösung
zugeführt.
Dieser Teil des Kriminalromans wirkt solide jung souverän erzählt, das
besondere Augenmerk richten Leser und Leserinnen allerdings von Beginn an auf
die Insel selbst und die Beziehungsumstände des Protagonisten. Der zunächst
lernt, dass auch bei Mord ruhig vorgegangen wird und die Arbeit auf keinen Fall
das Leben zu sehr vereinnahmen sollte. Und das auf einer Insel nicht so schnell
ein Wegkommen im Raum steht und daher Ermittlungen durchaus auch Zeit haben.
Zeit, um die über Touristen zu ärgern, die Tricks benutzen, um Häuser auf
Bornholm zu kaufen. Zeit, die neuen Nachbarn und Sitten (auf keinen Fall werden
Dinge am Straßenrand verschenkt) ebenso kennenzulernen, wie den eigenen
Geschmack was Frauen und deren äußere Gestalt angeht neu zu definieren. Dass
dabei die zu Besuch weilende Familie (der eigene. Vater und die beiden Töchter)
etwas unmotiviert im Buch zur Seite stehen und nur für kleinere Szenen
"taugen", stört dabei nicht allzu sehr.
Fazit
Eine angenehm zu lesende Lektüre mit einer gewissen "sommerlichen
Leichtigkeit", die zwar unterhält, aber nicht sonderlich mitfiebern
lässt, was das private Leben des Lennart Ipsen und seine ersten
Mordermittlungen auf der "Ferieninsel" angeht.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 09. Oktober 2023 2023-10-09 14:47:47