Differenzierte Darstellung der "weiblichen Geistlichkeit" des
Mittelalters
Als Frau im Mittelalter, wenn man nicht verheiratet wurde (und das möglichst
relativ gut), gab es wenige Möglichkeiten, ein "freies" oder gar
"selbstbestimmtes" Leben zu führen. Einer der Auswege für Frauen
jener Zeit war der "Gang in ein Kloster". Was zum einen, und das gar
nicht bei so wenigen, tatsächlich geistliche, religiöse Hintergrunde hatte,
bei allerdings ebenfalls sehr vielen der Frauen eine Form von
"Abschiebung" durch die eigene Familie oder ein freiwilliger Gang in
ein "sicheres Refugium" in einer, für Frauen, unsicheren Gesellschaft
darstellte.
"im Mittelalter war die Hälfte derer, die in ein Kloster eintraten,
Frauen. Warum hören wir so wenig von ihnen", ist eine daher durchaus
berechtigte Frage. Denn neben einigen "strahlenden Namen" weiblicher
Nonnen ist das Gros jener Bewohnerinnen eines Klosters in den Fluten der Zeit
verschwunden bzw. gar nicht erst namentlich aufgetaucht. Gerade weil auch, als
quasi gegensätzliche Beobachtung, die Nonnen der Klöster durchaus Wirkung
zeigten, Geltung erlangten. Manche der weiblichen Klöster waren durchaus
"oftmals mächtige Institutionen".
Erst im Lauf der Zeit, so die Beobachtung der Autorin, versanken diese
machtvollen Institutionen und konkrete Frauen im Dunkel der Vergessenheit. Wobei
das Buch sich vielfache Tagebuchaufzeichnungen zu Nutze macht, und dem Leser und
Leserinnen so in differenzierter, sprachlich durchaus flüssiger Form, das Leben
jener "heiligen Frauen" zu Ihren Zeiten fundiert vor Augen führt.
Seien es die musikalischen und materiellen Künste, seien es die Versorgungen
(nicht nur geistlich) der Menschen im Umfeld, seien es aber auch Fehler,
Irrungen in den Gemeinschaften, teils handfeste Machtauseinandersetzungen, und
all das im Selbstverständnis der weiblichen Orden immer als "Aufbruch und
Entdeckung neuer Horizonte" verstanden.
Und das in unruhigen Zeiten, die nicht selten das "Leben in Klausur",
also der Abgeschiedenheiten, unterbrach und die gemeinsame Lebensform äußeren
Veränderungen, Kriegen, sich stellen musste. Vielfach sind die Beschreibungen.
Vom Alltag hin zu Krisenzeiten und "Unordnung", vom Kloster als Schule
und Bildungsraum, von den Veränderungen durch die Reformation hin zu den
stillen und sehr persönlichen Momenten der Krankheiten und des Sterbens im
Kloster.
Fazit
Eine interessante Lektüre aus einer "ganz anderen Welt", durch die
Leser und Leserinnen Einblick erhalten in ein (fast) vergessenes Lebensmodell,
das bis heute im eigentlichen Sinne nicht "allgemein" zugänglich ist.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 20. Juli 2023 2023-07-20 17:43:15