Mit schleichender Spannung, aber zu ruhig erzählt
"Wenn ihr nach Sonnenuntergang ein Licht im Teich seht, macht hiermit
sofort ein Feuer im Kamin".
Ein interessanter, nicht ernstzunehmender Ratschlag der "neuen
Nachbarn" (was relativ gemeint ist, denn das ältere Paar von eine ganze
Strecke entfernt) des Traumhauses und Traumgrundstücks in den Bergen von Idaho,
das Harry, traumatisierter Soldat und seine geliebte Sascha nach einiger Suche
wie die Faust aufs Auge passend gefunden haben.
Wobei, auch das wird die spätere Erfahrung der beiden sein, es bei einem
Leuchten im Teich und dem Versuch von etwas Unbekanntem, ins Haus selbst
einzudringen, nicht bleiben. Auch ein nackter Mann und ein Bär werden da eine
Rolle spielen, wie anscheinende jede Jahreszeit eigene Erscheinungen
hervorbringt. Die allesamt nur verbindet:
Da kommt etwas. Was die Sinne mit verwirrt, den Kopf fast erdrückt und
irgendwie "hineinwill". Erscheinungen, welche die wenigen und
verstreut lebenden Anwohner und Nachbarn wohl schon kennen, Gegenmaßnahmen
gefunden haben und sich in gewisse Weise mit diesem Phänomen bereits arrangiert
haben. Und wer das nicht hinbekommen hat, der ist auch nicht mehr vor Ort. Egal
in welcher Form.
"Aber ich habe auf mein Bauchgefühl gehört und auf die immer größer
werdende Unruhe in mir, dass wir es jetzt mit diesem neuen Leben probieren
müssen, oder wir würden es nie tun". Und wer weiß am Ende der Lektüre,
was besser gewesen wäre? Eine Lektüre, die abwechselnd aus Saschas und Harrys
Perspektive verfasst wird und dabei sehr gut die unterschiedlichen Reaktionen
und Entwicklungen der beiden Hauptpersonen auf das Geschehen in diesem
"neuen Leben" erfasst und herausarbeitet. Während Harry noch in
besonderer Form mit seinen Erinnerungen, seinem Töten in Afghanistan zu
kämpfen hat und damit mehr und mehr anfälliger wird für den Stress der
Situation am neuen Ort.
Auch wenn sich Routinen im Umgang mit den Erscheinungen einstellen werden, das
dunkle Gefühl der ständigen Bedrohung durch eine Art Geist oder etwas anderem,
Übernatürlichen nagt und frisst sich in die Persönlichkeiten beider herein.
Wobei im Übrigen die vielleicht naheliegende erste Reaktion nach den ersten
Vorfällen durch die Autoren im Buch geschickt versperrt wird. Denn einfach
"das Weite suchen" lässt dieses "alte Wesen im alten Land"
auf keinen Fall mehr zu. Da gibt es Beispiele, die eine deutliche Sprache
sprechen in der Vergangenheit. Wie ebenso ein einfaches "Augen zu und
durch" einen hohen Preis erfordern würde
Was somit im Setting wie ein Roman von Stephen King erscheint und auch den Stil
Kings, besonders die "Geschichte" seiner Personen breit zu erzählen,
ähnelt, fällt allerdings ein gutes stückweit an dem ab, was man als Leser und
Leserin von einem solchen Thema und solchen Lebensumständen weitgehend für
sich in weitem Land, erwarten würde. Die Spannung, das knisternde, die Gefahr
fehlt als Emotion über weite Strecken im Roman, vor allem in der ersten
Hälfte, die sich in Teilen zäh dahinzieht, bis das Szenario sichtbar vor den
Augen aufgebaut und die Protagonisten einigermaßen erfasst sind. Auch wenn zum
Ende hin die Bedrohung und das Tempo ein wenig mehr anziehen. Allzu
gleichförmig sind die Entwicklungen und Gefahren erzählt, so dass sich eben
nicht die berühmten "Nackenhaare" aufstellen, wenn an der Tür und an
Fenstern gerüttelt wird, Geräusch im Dunklen von außen näher und näher
kommen.
Fazit
Auf der andern Seite steht als Gewinn eine dichte Psychologie des jungen Paares
und, in Teilen, auch seiner älteren Nachbarn, die doch mehr und mehr fesselt,
bis eine gewisse Auflösung geschieht, aber Dash, der treue Hund der beiden,
weiterhin konzentriert wittern wird.
Ein Roman, der Zeit braucht und Geduld, der seine Protagonisten differenziert
entfaltet, im "Geisteranteil" aber zu ruhig verbleibt, um dauerhaft
Spannung aufzubauen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 16. März 2023 2023-03-16 13:19:44