Genau die richtige Mischung zwischen Tempo und Detailreichtum
Nicht nur die Idee hinter dem neuen Thriller von Dolores Redondo ist
überzeugend und packend, auch die wechselnde Form, in die Redondo die
Geschichte erzählt, ist ebenso bestens gewählt in der Mischung aus langsam
sich stark steigender Spannung und der genauen Erläuterung der Arbeitsweise,
der Spurensuche, der Spurenauswertung durch Wissenschaft und Intuition zugleich.
Dazu passend gelingt es Redondo fast spielerisch, ihre Protagonisten
differenziert, fassbar und lebendig in den Fokus des Thrillers zu setzen.
Was nicht nur auf die junge FBI Agentin Amaia Salazar zutrifft (die natürlich
den breitesten Raum einnimmt), sondern auch auf andere Haupt- und Nebenfiguren.
Vor allem der Täter, unbekannt, nur durch seine arbeitsweide zunächst zu
erkennen, verbreitet eigentlich von Beginn an bereits allein durch seine Methode
und die schwere Eingrenzung seiner Motive und Tatorte Angst und Schrecken. Was
bestens seinen Gegenpart in der zunächst sachlich-nüchternen, klugen und
forensischen Art sich spiegelt, in der die Ermittler (zu der Salazar trotz ihrer
relativen Jugend auf Betreiben eines "Stars" des FBI bereits gehört).
Dass Salazar sich dabei zunächst der Abwehr und Arroganz mancher
"altgedienter" Kollegen erwehren muss und dies durch Kompetenz alleine
umsetzt, steht dem Thriller dabei sehr gut.
"Auch Albert schrie. Er schrie voller Angst nach seiner Mutter. Als er sich
einen Moment später selbst nicht mehr hören konnte, weil das Brüllen der
Bestie draußen alles übertönte, wusste er, dass dies sein Ende war" -
das (vermeintliche) Ende von Albert, dem Kind. Ein Tosen und Lärmen, dass jenen
Martin wie ein Magnet anzieht. Ein Unwetter, dass ihm die Leinwand für seine
"Kunst" gibt. Eine gnadenlose Kunst.
Eine Kunst, der Special Agent Dupree dringlichst auf die Schliche kommen
möchte. Und dazu jene junge Frau in Quantica mit auswählt, die er für begabt
hält. Eine Ergänzung, zunächst, mehr nicht. Um dann erstaunt festzustellen,
dass jene Salazar Verbindungen zu ziehen vermag, offen von vorgefassten
Meinungen den Fakten und den Verbindungen hinter diesen auf der Spur.
Und das es jemand geben könnte, des Modus Operandi nicht von konkreten
Personen, sondern von Beziehungen geprägt ist, dessen Tatorte nicht von ihm,
sondern vom Wetter und anderen Ereignissen "bestimmt" werden, das ist
auch für die Leser und Leserinnen erfrischend neu, erschreckend wenig
vorhersehbar und erschreckend klug durchgeführt.
Fazit
Und dann beginnt die Zeit im tiefen Süden der USA zu drängen. Zu Zeiten, als
New Orleans noch intakt und im gewohnten Lebensgefühl schwelgt, sich am
Horizont aber "Katrina" näher. Nicht nur ein Orkan mit weitreichenden
Folgen, wie man heute weiß, sondern genau das Wetter und Szenario, dass jener
"Martin" benötigt, braucht und auf das er umgehend anspringen wird.
Wie die Ermittler zu diesem Zeitpunkt bereits schon herausgefunden haben werden.
Durch Verbindungen, die vor allem Salazar zwischen diversen Morden an diversen,
unverbunden wirkenden Orten, aber immer nach bestimmten, gleichartigen
Ereignissen und Lagen im Raum stehen.
"Als Teil seines Rituals. Aus irgendeinem Grund ist es wichtig für ihn,
dies zu tun".
Aus welchem Grund, welches Ritual und wie Salazar und die anderen Ermittler dann
auch unter persönlichen Gefahren im anziehenden Tempo dem Täter auf die Spur
kommen, das sollte nun jeder selbst in diesem hervorragenden Thriller auf sich
wirken lassen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 19. September 2022 2022-09-19 15:13:12