Freya Klier, Mitbegründerin der DDR-Friedensbewegung, arbeitet im vorliegenden
Buch ein weiteres Kapitel der DDR-Geschichte auf. Ein besonders bedrückendes
und düsteres Kapitel, bei dem das Ministerium für Staatssicherheit (kurz:
"Stasi") die Hauptrolle spielt. Sie selbst weiß sehr genau wovon sie
schreibt, wurden sie und ihr damaliger Lebensgefährte selbst Ziel eines
Mordanschlags.
"Autounfälle passieren überall" (vgl. im Buch S. 173ff.) - dieses
makabre Zitat beschreibt treffend, worum es sich inhaltlich in diesem Buch
dreht. Nicht nur die ehemaligen DDR-Bürgerinnen, auch zahlreiche Westdeutsche
haben über die Machenschaften der "Stasi" verschiedentlich gehört
und gelesen. Im Unterschied zu den Bürger*innen der ehemaligen DDR gab es
allerdings in der Regel keinerlei direkte Berührungspunkte. Welch ein Glück
darf man insbesondere nach der Lektüre des Buches von Freya Klier mit
Überzeugung sagen!
Physische und psychische Gewalt, Mord und Mordversuche - all das gehörte zum
Repertoire der "Stasi". Ganz neben dem "normalen"
ausspionieren der eigenen Bürgerinnen und Bürger. Im besonderen Maße
betroffen waren natürlich diejenigen, die sich mit der Willkürherrschaft der
SED nicht abfinden mochten und Widerstand leisteten, oder dem System aus anderen
Gründen suspekt erschienen. Jugendliche mit (nach damaligem Geschmack) nicht
angepasstem Outfit und Gesinnungen, in der Kirche aktive Menschen und politische
Aktivisten, die eine andere DDR wollten. Die Staatsräson wurde knüppelhart
durchgesetzt: körperliche und seelische Misshandlungen um die Betreffenden
"zur Vernunft" zu bringen. Etliche setzten sich in den Westen ab,
wurden ausgebürgert, begingen Selbstmord, weil sie keinen anderen Ausweg mehr
sahen. Und wenn das nicht erfolgte, versuchte der Staat an der ein oder anderen
Stelle Hand anzulegen. Im Buch finden sich zahlreiche Beispiele des Umgangs mit
politisch missliebigen Personen.
Fazit
Freya Klier schreibt dieses Buch nicht nur, um eigenes Erleben aufzuarbeiten.
Der Umgang in totalitären Staaten mit Oppositionellen (siehe aktuell v.a.
Belarus) schlägt durchaus in die selbe Kerbe. Vieles von dem, was die Autorin
beschreibt, lässt den Leser erschaudern und verursacht immer wieder
ungläubiges Kopfschütteln. Eindrucksvoll und bedrückend zugleich ist es, was
Freya Klier zu Papier bringt. Eben mehr als nur eine bloße Mahnung.
Die Autorin versteht, flüssig zu formulieren. Das, und die inhaltliche
Aufarbeitung, lässt sich wie ein Kriminalroman lesen. Immer wieder muss man
sich daran erinnern: es ist keine erfundene Geschichte, kein Roman - solche
Taten waren Realität! Immer wieder merkt man, dass der Autorin die
beschriebenen Sachverhalte sehr nahe gehen. Inhaltlich finden sich daher einige
Wiederholungen, anderes (z.B. die gehäuft auftretenden Todesfälle nach vielen
Jahren, die sich mutmaßlich auf Vergiftungen zurückführen lassen) bleibt
oberflächlich. Beweisen kann man es schließlich nicht.
In jedem Falle: ein erschütterndes, lesenswertes Buch!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 21. Oktober 2021 2021-10-21 07:09:48