Der 2009 verstorbene Unternehmer Reinhard Mohn war eine der prägenden Figuren
der "alten" Bundesrepublik. Dessen Erbe bis heute im weltweit
agierenden Bertelsmann-Medienkonzern weitergeführt wird. Wobei
erstaunlicherweise eine biographische Betrachtung des Gründers selbst, ein
umfassendes Lebensbild nicht nur über sein Wirken, sondern auch über seine
Haltungen und Werte bis dato fehlt. Hier bietet dieser Band einen fundierten und
guten Ansatz, sich über die Person, das Wirken, das Wirtschaften, das Denken
Reinhard Mohns zu informieren. Was umso interessanter zu lesen ist, als Mohn
selbst ja überaus "widerspenstig" sich im Leben zeigte, über sich
selbst zu viel zu reden oder gar verschriftlichen zu lassen. Was zugleich einen
erster Blick in diese Persönlichkeit gewährt. In den Anspruch und das Legen
von Wert bei sich und anderen auf ein " bescheidenes persönliches
Auftreten".
Wobei Scholtyseck betont seinen Fokus auf die Persönlichkeit des
Wirtschaftsgründers legt und damit dem Leser vielfache Einblicke in den
Werdegang und das Denken des Menschen Reinhard Mohn ermöglicht, Beginnend in
der Kindheit und Jugend, der Soldatenzeit, der Zeit in Kriegsgefangenschaft.
Allesamt Momente früher, aber nachhaltiger Prägung für das Leben. Was
einerseits zu einer wenig religiösen Prägung führte, andererseits aber einen
Mann fast als Symbol der protestantischen Arbeitsethik (wie bei Max Weber) in
den Raum des Lebens stellte. Ein "religiös überzeugter", ohne im
Alltag Religion umfassend zu praktizieren. Was sich vielleicht auch durch den
frühen Tod des ältesten Bruders direkt zu Beginn des zweiten Weltkrieges mit
erklären lässt.
Kräfte, die durch Erziehung, Bildung und vielfache Erfahrungen in jungen Jahren
ausgereift wurden, die sich sodann im "Neuaufbau aus der
Trümmerlandschaft" vollends ins Leben setzten. Was auch den Hauptteil des
vorliegenden biographischen Werkes natürlich ausmacht, immer aber durch die
"Aktionen" und "Entwicklungen" hindurch nach dem Menschen
Reinhard Mohn fragt und vielfache Einblicke damit erlaubt, die je mit
ausgewähltem und bestens ins Licht gerückten Fotografien aus allen
Lebensphasen Mohns illustriert wird.
So dass es eigentlich gar nicht nötig wäre, was ausgesprochen als Überschrift
über eines der Kapitel formuliert wird, das ergibt sich aus so gut wie jedem
Abschnitt der Lektüre am Ende. Das prägende Thema über dieses Leben war und
ist: "Unternehmerische Führung als Lebensaufgabe". Eine
Lebensaufgabe, eine Herausforderung, der Mohn in jeder Phase gerecht wurde und
eben genau mit dieser Haltung die gesamte Wirtschaftsgeschichte Deutschlands
nach dem Krieg verantwortlich mit geprägt hat.
Auch den gelegentlich geäußerten Vorwurf von Außen, Bertelsmann sei durch ein
"Diktat der Harmonie" eingeschnürt, widerlegt Scholtyseck ohne
Weiteres durch Verweise auf unternehmerische Auseinandersetzungen auch im
eigenen Haus. "Mohn war kein Mitglied im "Always right
Club"". Wohl aber stimmt, das Mohn, gerade in den letzten, aktiven
Jahren, aber auch durchgehend zuvor, den Blick auf Strukturen und
Personalauswahl immer mit dem Gedanken an Kontinuität und Sicherheit für das
Unternehmen richtete.
Fazit
Mit den Worten Dahrendorfs über Reinhard Mohn schließt Scholtyseck seine
eigenen Betrachtungen dann abgerundet ab. Denn im Rahmen der Lektüre ist ihm
durchaus gelungen, Reinhard Mohn fassbar für den Leser zu beschreiben. Als eine
"einzigartige Mischung von Pflichtbewusstsein, Unternehmerinstinkt und
sozialer Verantwortung". Eine Persönlichkeit, die aktuell intensiv gesucht
werden müsste, um eine solche in momentaner Verantwortung zu finden.
Eine empfehlenswerte Lektüre, in der viel an Zeitgeschehen und viel an Werten
mitschwingt.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 10. September 2021 2021-09-10 14:54:17