Clever, spannend und aktuell im Lokalkolorit
Schon der Ort ist symbolträchtig gewählt von David Baldacci und bietet in sich
genau jene Problematik des "Rust-Belt", die in Amerika seit Jahren in
Teilen des Landes die Entwicklung "ohne Hoffnung" am Ende sein lässt.
Ehemals prosperierende Städte, kleine und große (im Fall dieses Thrillers eine
mittelgroße kleine Stadt), die zu Zeiten durch eine wirtschaftliche Monokultur
"blühten" und seitdem "den Bach herunter gehen".
In Baronville, der Ort, an dem Amos Decker, der besonders begabte FBI Berater
(nach einem Schädeltrauma mit einem perfekten Gedächtnis und anderen
Besonderheiten ausgestattet) und seine Partnerin Alex Jamison nur die Schwester
von Alex besuchen wollen. Und mitten hineingeraten in eine tödliche Umgebung,
in der dunkle Kräfte noch dunkleren Machenschaften nachgehen. Und das in
unmittelbarer Nachbarschaft des Hauses der Schwester und ihrer Familie.
Die Barons, der letzte Erbe vor Ort tief verhasst, hatten zu Blütezeiten
vielfache Reichtümer angesammelt, bis der Niedergang des Ortes ebenso mit deren
Namen verbunden wurde. Und, neben dieser Geschichte "amerikanischer
Hoffnungslosigkeit", die durch eine zarte "Neuanpflanzung" wieder
auf eine bessere Zukunft hofft, setzt Baldacci ebenfalls ein zweites, ebenso
drängendes und hochaktuelles Thema mit in den Mittelpunkt seines souverän
verfassten Thrillers. Die zunehmende "Stillstellung", aber auch
Abhängigkeit im Lande von schweren Schmerzmitteln, "Oxys".
Beides gibt dem Ort seine düstere Atmosphäre, beides sorgte und sorgt für
menschliche Dramen und beides hat in gewisser Weise mit den aktuellen
Mordfällen zu tun. Denn irgendwas geht vor in den vielen, leerstehenden
Häusern der Stadt und zwei DEA Agenten haben dies bereits mit dem Leben
bezahlt. Decker, der die beiden Opfer auffindet, wäre nicht Amos Decker, wenn
er nicht auf seine Weise, mit seinen Methoden und, vor allem, seiner
"Beisserqualitäten" sich tief in den Fall herein arbeiten würde. Ein
Fall, der auch vor seiner engsten Umgebung nicht halt macht und in dem er selbst
und seine Partnerin nach recht kurzer Zeit erkennbar auf der
"Abschussliste" der Verbrecher stehen.
Fazit
Gewohnt flüssig erzählt Baldacci, vermittelt dabei dem Leser eine emotional
dichte Atmosphäre des Niedergangs und der "verdorbenen Herzen und
Leben", lässt aber auch "Loser" wieder zu neuer Kraft finden und
hält souverän die verschiedenen Fäden der Handlung jederzeit in der Hand.
Auch wenn die Frage, wer hinter all dem steckt, eine ganze Strecke vor dem
Finale bereits dem Leser klargeworden ist, die Spannung dieses Thrillers
entsteht an sich nicht aus der Fragte, wer da was an Verbrechen begeht, sondern
wie Decker dies löst und dem Gegner immer und immer wieder eine Nasenspitze
voraus sein muss, um nicht selber als eines der Opfer auf der Strecke zu
bleiben.
Eine hervorragende, packende, realistische und emotional treffende Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 30. April 2021 2021-04-30 14:54:16