Medienverhalten in breiter Therapie-Relevanz
Handys bieten dem Nutzer eine unaufgeforderte Möglichkeit, die
durchschnittliche Nutzungsdauer und Bildschirmzeit pro Tag anzuzeigen. Und wer
dort genauer hinschaut, bei sich zunächst, wird sehen, dass die Nutzung von
Medien mittels technischer Geräte und Internet Verbindung nicht nur mehr und
mehr Zeit auf sich zieht im Lauf der Jahre, sondern auch, gerade bei Kindern und
Jugendlichen, fast die Beschäftigung mit dem meisten Zeitaufwand des Tages
überhaupt darstellt.
Ständige Verfügbarkeit, "unterwegs sein im Net", soziale Medien
ausführlich "bedienen", um verbunden zu sein, zu bleiben, sich
zumindest verbunden zu fühlen ist inzwischen ein zentraler Bestandteil des
alltäglichen Lebens, nicht nur, aber vor allem und sehr bei Jugendlichen und
jungen Erwachsenen.
Was zum einen ja tatsächliche "Verbindungen" ermöglicht, die in
früheren Zeiten quasi unvorstellbar waren in Menge und zeitlicher Intensität,
was eine hohe informationsdichte zudem für alle relevanten und Nebenthemen des
Lebens ermöglicht. Was aber auch Inhalte präsentiert, die ein heranwachsender
Mensch zunächst nur schwer einordnen kann und deren Differenzierung in jungen
Jahren kaum möglich ist. So wundert es nicht, dass zunehmend in therapeutischen
Situationen gegenüber Kindern- und Jugendlichen und in der Familientherapie die
Nutzung, der Umgang und die Funktion der Medien einen ebenso zentralen
Stellenwert einnimmt.
Medienkompetenz aber, im Sinne eines Wissens um die Vor- und Nachteile der
einzelnen Medien im Sammelbecken des Internet, ebenfalls im Sinne der
Selbstreflexion der eigenen Nutzung digitalen Medien, der Umgang mit der
Sicherung der eigenen Daten und damit des eigenen privaten Bereichs und die
Möglichkeit, schädliche Inhalte "zu filtern" ist daher ein ebenso
wichtiger und integraler Bestandteil des persönlichen Umgangs mit den digitalen
Medien.
Hier sind, natürlich, die Erziehenden gefragt, vor allem die Eltern. Die
einerseits Vorbild für Nutzung und Reflexion von Medien und deren Inhalten
sind, die aber ebenso eine Verunsicherung in sich tragen, da sie (weitgehend)
vom Alter her (noch) nicht "digital natives" sind. Diese Lücke
schließt das vorliegende Werk profund und kompetent. Mit vielfachen Methoden
und Techniken versehen, welche sich für die Vermittlung von Medienkompetenzen
und Interventionen aus der Praxis heraus als wirksam erwiesen haben.
Übersichtlich gestaltet und mit einer Vielzahl an Arbeitsblättern, und
Übersichtsmöglichkeiten versehen (die auch erweitert im Online Bereich des
Werkes zur Verfügung gestellt werden), kann der im Feld Handelnde umgehend
gezielt thematisch und konstruktiv das Feld der "neuen Medien"
reflektierend und "erziehend" und stützend angehen. Dabei ist es von
besonderem Wert, dass die Autoren die Tools und Methoden thematisch
übersichtlich geordnet vorlegen.
Vom allgemeinen erklären der Funktion und des Zieles digitaler Medien über
problematisch werdende Nutzung des Smartphones hin zu gefährlichen
Entwicklungen im Sinne eines "pathologischen Gamings" oder der
Aufarbeitung bedrängender "Cybermobbing Erlebnisse) hin zu Inhalten, die
gerade noch nicht gefestigte Persönlichkeiten in emotionalen "Hochs- und
Tiefs" in echte Gefahr bringen können (Pro-Ana Seiten,
Online-Suizidalität, Inhalte geprägt von Gewalt und Extremismus (vielfache IS
Anhänger wurden über das "Netz" geworben und geprägt) bis hin zu
Sexting und Pornographie) gehen die Autoren direkt und klar die gefährdenden
Bereiche fachkundig und hilfreich an.
Fazit
Auch wenn das Werk weniger für den privaten Gebrauch gedacht ist, sondern eine
professionelle Arbeitshilfe darstellt, kann auch der Laie durch die Lektüre
sehr zumindest an Erkenntnissen gewinnen, wann die Grenze zur Notwendigkeit
professioneller Begleitung überschritten wird und wie vor dieser Grenze mit
sachkundigen Instrumenten eine gemeinsame Reflexion mit Kindern und Jugendlichen
angestoßen werden kann.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 12. Februar 2021 2021-02-12 13:34:30