Zum (nunmehr besiegelten) Ende der Amtszeit des derzeitigen US-Präsidenten
Donald J. Trump, legt Journalisten-Legende Bob Woodward ein zweites Buch über
das Wirken des Präsidenten vor. Im Unterschied zu seinem ersten Werk (mit dem
Titel "Furcht"), wirkte Trump beim neu erschienenen Buch aktiv mit, in
dem er 17 Interviews mit dem Autor führte. Bob Woodward hatte bereits neun der
bislang 45 US-Präsidenten in Büchern skizziert. Die Bereitschaft Trumps für
Interviews zur Verfügung zu stehen verwunderte den Autor. Gehört er doch als
Journalist der "Washington Post" zu den Vertretern der
"Fake-News-Media".
Der Schreibstil Woodwards gleicht seinem ersten Buch (und im übrigen dem vieler
US-Journalisten): er berichtet weniger über das Wirken des US-Präsidenten und
seinem engeren politischen Umfeld, sondern er erzählt hierüber. Das gestattet
leichtes und flüssiges lesen - ein echter "Page-Turner". In 46
kurzweiligen Kapiteln, erhält der Leser einen umfassenden Überblick über den
zweiten Teil der Amtszeit Trumps. Die Sichtweise des Präsidenten wird aus den
wörtlichen Zitaten in erschreckender Weise deutlich: es dreht sich alles
ausschließlich um ihn und sein Ego. Dinge, die nicht gut gelaufen sind, Fehler
- gibt es nicht (oder besser gesagt: darf es nicht geben), zumindest in der Welt
des Donald Trump. Das bekommt auch sein Mitarbeiterstab immer wieder zu spüren.
Hire and Fire ist die Maxime Trumps, wenn es darum geht, "sein Ding"
durchzuziehen. Da darf eben keiner im Wege stehen. Viele seiner Weggefährten
lernt man im Verlaufe des Buches kennen (und schätzen). Der Einzige, der,
intelligent und treu ergeben, in diesem Spiel scheinbar schadlos bleibt ist sein
Schwiegersohn Jared Kushner.
An großen Aufgaben mangelte es wahrhaft nicht (Nordkorea, Rassismus,
Polizeigewalt, der Umgang mit der Black Lives Matter-Bewegung und nicht zuletzt
die Corona-Pandemie mit all ihren Begleiterscheinungen). Das abschliessende
Fazit Woodward lässt tief blicken.
Fazit
Der Zufall wollte es: auf den letzten Seiten beim Lesen des Buches überschlugen
sich parallel die aktuellen Ereignisse: ermuntert durch eine emotionale und
hetzerische Rede Trumps zu mehreren Tausenden seiner Anhänger in Washington,
eskalierte die Situation in der gewaltsamen Erstürmung des Capitols, während
sich im Inneren des Parlaments die Kongressabgeordneten und die Senatoren
versammelt hatten, um das Wahlergebnis der von Joe Biden gewonnenen
Präsidentschaftswahl offiziell zu besiegeln. Unabhängig von möglichen Fehlern
der Sicherheitsbehörden: dies war ein bewusster und gemeiner Anschlag auf
demokratische Werte, ein Akt mit hoher Symbolkraft, der noch lange nachhallen
wird.
Aber leider: irgendwie passte das, was auf dem Bildschirm aktuell zu sehen war,
bestens zu den Schilderungen und Befürchtungen, die im Buch von Bob Woodward zu
lesen sind. In besonderer Weise schockierend. Obgleich das nunmehr offizielle
Wahlergebnis eine andere Sprache spricht: durch die aktuellen Geschehnisse
erhält das vorliegende Buch eine besondere Bedeutung, nicht zuletzt als Warnung
vor den Wölfen im Schafspelz. Unbedingt lesenswert, denn die Trumps dieser Welt
findet man nicht nur in den Vereinigten Staaten!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 10. Januar 2021 2021-01-10 15:34:44