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Max Annas: Morduntersuchungskommission. Der Fall Melchior Nikoleit

Morduntersuchungskommission. Der Fall Melchior Nikoleit

von Max Annas
Verlag: Rowohlt Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Krimi
ISBN-13 978-3-498-00133-9

Preis: 10,96 Euro bei Amazon.de [Stand: 22. Dezember 2024]
In Jena trifft sich im Keller der Jungen Gemeinde Mitte der 80er eine Punkband – Sohle, Biber (Frank), Melchior und die Pfarrerstochter Julia. Im sozialistischen Staat werden Punks offiziell als destruktive Elemente bezeichnet, ihre Lebensweise erklärt man sich mit dem Einfluss aus dem Westen. Die Polizei muss mit aller Härte verhindern, dass ein paar Individualisten mit gefärbten Haaren in anderen Jugendlichen den Wunsch wecken, die DDR zu verlassen.

Melchior Nikoleit wird tot in einer Hinterhof-Baracke gefunden, die er gemietet hatte. Als Otto Castorps Abteilung im Fall Melchior zu ermitteln beginnt, vertritt Otto ausgleichend die Meinung, dass sich das Interesse am Punk schon auswachsen werde, wenn Jugendliche erst einmal einen Arbeitsplatz hätten. Für seine eigenen Kinder hofft er, dass der Trend möglichst an ihnen vorbei gehen wird. Sein Kollege wirft ihm vor, er habe für Abweichungen der "Staatsfeinde" von der Einheitslinie zu viel Verständnis. Melchior Nikoleit ist Sohn eines Antiquitätenhändlers mit Westkontakten, der - stets im Blick der Stasi - offiziell in andere Länder reisen und Devisengeschäfte abwickeln darf. Der alte Nikoleit nutzt seine legalen Reisen für Nebengeschäfte mit Westgeld, was der Staatssicherheit nicht verborgen bleiben kann. Dass ausgerechnet der unangepasste Sohn eines dubiosen Händlers in einer Hinterhof-Baracke getötet wird, entwickelt sich für Otto und seine Kollegen als Tanz auf dem Vulkan. Da für die Junge Gemeinde offiziell das MfS zuständig ist, müssen die Kripobeamten jederzeit damit rechnen, dass ihnen der Fall entzogen wird. Sie erhalten Einblick in Geschäfte der Stasi, die die Behörde lieber verborgen hätte. Szenenwechsel illustrieren eine offiziell sozialistische Gesellschaft, in der wenige Privilegierte ein leichteres Leben hatten als normale Werktätige. Die Jugendlichen haben bei ihren Abenteuern in Hinterhöfen und alten Gemäuern offenbar die Wege von Leuten gestört, die Handel mit raren Waren aus der Bundesrepublik treiben. Und dann sind da noch alte Fotos, die aus der Zeit vor 1945 stammen und die Beteiligten heute den Kopf kosten könnten.

Privat lässt Ottos Schichtdienst sich immer weniger mit Ehe und Familie vereinbaren; ein Thema, das im ersten Band ausführlich zur Sprache kam. Tochter Kathrin möchte auf ein Sportgymnasium wechseln; Otto ahnt jedoch nach den Andeutungen eines Kollegen, dass die Leistung von Schwimmerinnen dort mit Hormonen getrimmt wird. Der Tod seines Vaters schließlich bringt das schwierige Verhältnis zu Ottos Bruder wieder auf den Tisch. Der Einblick ins Castorpsche Familienleben gelingt eindringlich, den ersten Band muss man dafür nicht gelesen haben.


Band 1 Morduntersuchungskommission
Fazit
Max Annas legt mit "Der Fall Melchior Nikoleit" den zweiten Band seiner DDR-Krimi-Reihe vor. Aus zahlreichen Figuren und Szenenwechseln entsteht ein komplexer Plot mit überzeugend getroffenen Details aus dem DDR-Alltag. Wer hätte dort Szenen wie die mit dem T-Stück nicht selbst erlebt … Der Tod eines 18-jährigen Punk-Musikers rührt illegale Geschäfte von dessen Vater auf, streift die Stasi-Bespitzelung der Punk-Szene und führt zu 40 Jahre alten Ereignissen, die einflussreiche DDR-Funktionäre in den 80ern die Karriere kosten konnte.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 24. Juli 2020

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