"Niemand habe behauptet das Demokratie perfekt sei. In der Tat wurde
behauptet, sie sei die schlechteste aller Regierungsformen, abgesehen von all
den anderen, die von Zeit zu Zeit versucht wurden." Diese Sichtweise trug
Winston Churchill im Jahre 1947 im britischen Unterhaus vor. An ihrer
Aktualität scheint sie nichts einzubüßen, betrachtet man die derzeitigen
Diskussionen um Demokratie und demokratische Teilhabe in zahlreichen
europäischen Staaten - auch hierzulande.
Das vorliegende Buch von Verena Friederike Hasel beleuchtet die aktuell in
Deutschland stattfindende Debatte, abseits der Parlamente. Sie plädiert für
ein Mehr an Bürgerbeteiligung und verdeutlicht dies an Lücken unseres
repräsentativen Systems. Dies System entfremdet sich zunehmend von den realen
Problemen der Bürger. Somit sei schwindende Wahlbeteiligung weniger ein
Ausdruck der Politikmüdigkeit, eher ein Ausdruck von Parteimüdigkeit. Diese
wiederum (und natürlich die Repräsentanten der politischen Parteien) sind
jedoch unsere verfassungsgemäßen Vertreter in der parlamentarischen
Demokratie.
So begibt sich die Autorin auf die Suche nach Auswegen, nach Lösungen aus
diesem Dilemma. Direkte Demokratie, wie sie in der Schweiz praktiziert wird,
dient als Beispiel, oder andere Formen der Bürgerbeteiligung, beispielsweise in
Irland oder im deutschsprachigen Teil unseres Nachbarlandes Belgien. Verena F.
Hasel stellt die Traditionen des Schweizer Systems ebenso kompakt dar, wie
Anlässe zur Bürgerbeteiligung an der Lösung konkreter Problemstellungen in
den genannten anderen Ländern und deren entsprechende Umsetzung im jeweiligen
politischen System. Hieraus entwickelt sie Ideen für die politische Teilhabe in
der Bundesrepublik Deutschland. Die Schaffung von Gremien zur direkten
Beteiligung "normaler" Bürger an politischen Entscheidungsprozessen
(Modelle der Deliberation) könnten eine Lösung darstellen. Hierfür wirbt die
Autorin im abschließenden Teil ihres Buches.
Fazit
Bücher, die sich mit der praktischen Gestaltung der Demokratie im täglichen
Leben der Menschen beschäftigen, sind momentan im Trend. Hier reiht sich das
vorliegende Buch von Verena Friederike Hasel nahtlos ein. Alleine die Zahl der
Bücher zum Thema sollte als deutlicher Hinweis verstanden werden: irgendetwas
stimmt nicht und muss sich ändern. Die Bürger müssen wieder mitgenommen
werden und sich selbst verantwortlich fühlen. 70 Jahren Demokratie auf
deutschem Boden stellen zweifelsfrei eine Erfolgsgeschichte dar - sie muss
erhalten bleiben! Aktuelle Strömungen zeigen deutlich: Veränderungen sind
erforderlich! Einen Beitrag zur Diskussion leistet zweifelsfrei das Buch von
Verena Friederike Hasel auch. Die Autorin verbleibt nicht nur auf der
abstrakt-theoretischen Ebene, sondern unterbreitet auch Ideen, die eine
Überlegung durchaus wert sind!
Ihre Absicht ist dabei durchweg positiv und dennoch: Beispiele der direkten
Demokratie in der Schweiz zeigen auch: sie lösen nicht alle Probleme.
Volksentscheide gut und schön - recherchiert man aber einmal und blickt auf die
Beteiligung der Schweizer, so kommt dies gewissermaßen auch einer Ernüchterung
gleich: selten erreicht die Wahlbeteiligung 50% - damit kann man weder zufrieden
sein, noch darf man behaupten, das Ergebnis repräsentiere die Meinung des
Volks. Das hätte die Autorin ruhig genau in dieser Deutlichkeit sagen dürfen.
Aber sie bringt ja auch weitere Vorschläge und die sollten sich die politisch
Verantwortlichen und wir alle gemeinsam genauestens zu Gemüte führen!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
[Profil]
veröffentlicht am 06. Oktober 2019 2019-10-06 12:41:55