Dieser Thriller hat wieder einmal einen Wow-Effekt bei mir hervorgerufen. Ganz
ohne Ermittlungen bzw. ohne eine Ermittlerfigur wird der plötzliche Tod eines
Menschen aufgedeckt, so dass es einem ab und zu Gänsehaut beschert.
Der Roman führt den Leser in die abgelegenste Ecke in Australien, ins Outback.
An der Grundstücksgrenze zweier Rinderfarmen treffen sich zwei Brüder. Der
dritte Bruder, vom Alter her der mittlere, liegt tot zu ihren Füßen. Er ist in
der sengenden Hitze zu Tode gekommen und die beiden bringen ihn zurück auf
seine Ranch. Nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Doch die Vorfreude wird nun
nicht nur von Trauer überschattet, sondern auch von Misstrauen. Was ist, wenn
der Tote nicht eines natürlichen Todes gestorben ist? Wenn ihm jemand geholfen
hat, den Tod zu finden? Hatte er Feinde? Hatte er Streit? Viele Fragen müssen
beantwortet werden und so manches Geheimnis wird aufgedeckt.
Harper erzählt die große Geschichte einer Familie. Dabei geht sie der Frage
nach, was mit Menschen passiert, die allesamt in einer großen Abgeschiedenheit
und Einsamkeit leben. Hervorgerufen wird diese Einsamkeit in diesem Landstrich
Australiens durch die immensen Entfernungen zwischen den Orten. So sind z.b. die
Wohnsitze der Brüder auf ihren Ranchen vier Autostunden voneinander entfernt.
Jemanden vom Flughafen abholen bedeutet, eine Hin- und eine Rückfahrt von
jeweils 900 km zu absolvieren. Nicht nur einmal werden die Figuren im Roman mit
der Frage konfrontiert, ob hier in der Einsamkeit das Böse entsteht. Denn das
Misstrauen greift in der Familie um sich und hat vielleicht seine
Berechtigung.
Protagonist ist der älteste Bruder Nathan. Aus seiner Sicht wird die Geschichte
erzählt, aber nicht von ihm selbst. Doch neben der aktuellen Handlung werden
uns als Leser seine Gedanken, Rückblicke und Empfindungen mitgeteilt. Und da
kommt ein weiterer Stil der Autorin zum Tragen. Rückblenden entstehen aus den
Gedanken von Nathan heraus und werden nicht im Schriftbild kenntlich gemacht. In
vielen Romanen werden andere Schriften oder Absatzlücken für Rückblenden
genutzt. Bei Jane Harper wird nahtlos zwischen Gegenwart und Rückblende
gewechselt. Doch als Leser gewöhnt man sich sehr schnell daran und weiß, in
welcher Zeit man sich befindet.
Fazit
Ein grandioser Roman, der den Leser ins australische Outback treibt und ihn
neugierig darauf macht, welche Geheimnisse in der Familie existieren und wie und
warum der mittlere Bruder zu Tode gekommen ist.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 29. Juli 2019 2019-07-29 09:28:18