Stefan Meining schreibt sein neues Buch zu einem höchst brisanten Thema, dem es
an Aktualität nicht fehlt. Er beweist insofern auch Mut, dass er sich mit
seinem Bericht gegen den "Mainstream" stellt: alles ist/wird gut - wir
schaffen das! Die Gegenwart zeigt: wir haben es geschafft! Aber um welchen
Preis? Inhaltlich arbeitet er die Geschichte des Jahres 2015, in dem mehr als
1,5 Millionen Flüchtlinge alleine nach Deutschland kamen und viele weitere
Zuflucht in den Staaten der Europäischen Union suchten, auf. Der Blick wandert
hierbei in Richtung der für die innere Sicherheit zuständigen Stellen,
insbesondere dem BAMF und den Verfassungsschutz. Die Flut an Anträgen auf Asyl
war mit den bislang gängigen Vorgehensweisen zur Bearbeitung nicht mehr zu
bewältigen. So wurde der Bearbeitungsablauf auf "Befehl" politischer
Mandatsträger verändert. Zu Gunsten hoher Bearbeitungszahlen - zu Ungunsten
der Sicherheit. Dies macht der Autor an vielen Stellen auch anhand konkreter
Beispiele deutlich. Seine Recherchen stützt er auf Interviews mit Insidern, die
namentlich geheim bleiben und auf Kenntnisse von Belegen aus internen Akten der
Sicherheitsbehörden.
So recht schien keiner zufrieden. Die Behörden hatten ihrem Staatsauftrag zu
folgen, wobei der Dienstherr bestimmt, wie der konkretisiert wird. Diese
Vorgaben wiederum sorgten für ein unwohles Gefühl bei vielen Mitarbeitern,
besaßen sie doch Kenntnisse über Gefährdungshinweise und -lagen, die nach
Außen nicht kommuniziert werden durften. Auch die Politik konnte sich nicht
ausruhen. Das Tagesgeschehen überrollte viele Entscheidungsträger und die
wachsende Terrorgefahr trug ihr Übriges dazu bei. Trotz bester Absicht Menschen
in Not helfen zu wollen und zu müssen, ging die praktische Umsetzung dessen im
Chaos unter und gefährdete aus Sicht des Autoren die Sicherheitslage in
Deutschland massiv.
Fazit
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht! Belege hierfür zeigt Stefan Meining in
großer Zahl auf. Hierdurch entsteht ein düsteres Bild. Bislang haben wir in
vielfacher Hinsicht wohl einfach Glück gehabt, dass Deutschland im Vergleich zu
Nachbarländern eine eher geringe Zahl terroristisch motivierter Anschläge
verzeichnen kann. In erster Linie waren wir das "Transitland", in dem
Gefährder und Täter gefahrlos reisen und sich aufhalten konnten. Warum,
beklagt der Autor, wurde die Öffentlichkeit über die tatsächliche Lage so
lange im Unklaren gelassen? Hierzu ein Zitat (S. 181): "Gegenüber der
Öffentlichkeit wird diese weitaus vorsichtigere und vermutlich ehrlichere
Lagebeschreibung von der Bundesregierung nicht offensiv vertreten. Warum
eigentlich? Die Gefahren liegen im Herbst 2015 ja auf der Hand. Doch für die
Bundesregierung gibt es den mündigen Bürger, der sich selbst eine eigene
Meinung bilden und der auch mit Risiken leben kann, anscheinend nicht...."
Eine rhetorische Frage? Als erfahrener Journalist kann er sie zweifelsfrei
selbst beantworten. Appelle an mündige Bürger werden all zu oft medial
zerpflückt und steigern damit vor allem eines: Unsicherheit und zudem Angst!
Zurecht?! Das ist Realität und eben die eine Seite der Medaille. Stefan Meining
betrachtet die andere Seite. Gut recherchiert, interessant geschrieben und mit
der notwendigen Distanz nach rechts-außen. Es sind zwei Seiten ein und der
selben Medaille; oft wollen die gar nicht zueinander passen (und auch nicht
zusammen gehören). Dennoch - oder eben gerade deshalb - lohnt sich dieser
Blick, nicht zuletzt um eigene Positionen zu finden. Das Buch leistet hierzu
einen lesenswerten Beitrag!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 11. April 2019 2019-04-11 07:55:17