Guido Knopp legt hier eine gute Erstinformation über die Kanzler der
Bundesrepublik Deutschland von Adenauer bis Schröder vor. Die wichtigsten
Stationen der Kanzler werden kompetent populärwissenschaftlich für den Laien
dargestellt und gut und anschaulich erklärt. Der Leser bekommt einen Einblick
in die großen Leistungen von Adenauer bis Kohl.
Leider ist das Buch stellenweise zu unkritisch. Adenauers zum Teil
problematische Einstellung in puncto Demokratie (Spiegel-Affäre) wird zwar
angesprochen, jedoch sehr stark relativiert. Kohl als Kanzler der Einheit
gewürdigt. Hier fehlt zum Beispiel die wichtige Erkenntnis, die Zelikov/Rice
geliefert haben, dass bereits bei dem Gipfeltreffen Bush-Gorbatchow im Mai 1990
der sowjetische Staatschef seinen Widerstand gegen eine Nato-Mitgliedschaft des
geteilten Deutschlands fallengelassen hatte. Somit werden die Ergebnisse des
Kaukasus-Gipfels meines Erachtens unterschätzt. Die Übergangskanzler Erhard
und Kiesinger waren in der Tat nicht so bedeutend wie Adenauer, Brandt, Schmidt
und Kohl. Korrekt arbeitet Knopp mit seinen Mitarbeitern heraus, dass Erhards
Bedeutung in seiner Leistung als Wirtschaftsminister unter Adenauer als
Schöpfer der sozialen Marktwirtschaft gelegen hat und nicht so sehr in seiner
kurzen Amtszeit als Kanzler. Zu wenig kommt mir zum Tragen, dass Kiesinger als
Chef einer großen Koalition, die bereits vor 1969 durch eine (potentielle)
Mehrheit von SPD und FDP (1968 ersetzte Scheel in der FDP Mende als Parteichef)
mehr oder minder gezwungen gewesen ist, den "Vermittler" zu spielen.
Die - unbestreitbaren - Leistungen der großen Koalition (Stabilitätsgesetz,
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) werden mir zu wenig gewürdigt. Ein
zutreffendes Bild gibt Knopp meines Erachtens von den Leistungen Willy Brandts
(Ostpolitik) und Helmut Schmidts (als Lotse), die Schwächen Kohls -
insbesondere nach 1990 - werden allerdings nur sporadisch angesprochen. Bei
Schröder stört mich insbesondere der Bezug auf sein Privatleben (Scheidungen
etc.), die in einem seriösen Buch über Kanzlerschafte nichts zu suchen haben,
ansonsten dürfte der derzeitige Kanzler als "Pragmatiker" korrekt
beschrieben worden sein; für eine Einschätzung seiner historischen Leistungen
und Bedeutung ist es sicherlich zu früh.
Gut ist das Literaturverzeichnis am Ende. Vergleichbar ist das Buch mit dem etwa
zur selben Zeit erschienenen - allerdings stärker wissenschaftlich abgefassten
- Buch von Baring und Schöllgen "Kanzler, Krisen, Koalitionen".
Fazit
Als Erstinformation brauchbar, wenn auch stellenweise zu unkritisch.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 28. April 2004 2004-04-28 20:44:27