Schräg, spannend, und bestens erzählt
Wer und was genau "D.O.D.O." genau ist, das ist eine der
durchlaufenden, spannenden Fragen, die Stephenson in seinem neuen Roman gleich
zu Beginn aufwirft, sich mit der konkreten Beantwortung aber Zeit lässt und
währenddessen den Leser auf einen temporeichen Ritt ins Reich der Magie
(zumindest, dieses überhaupt zu finden) mitnimmt. Mit der Frage im Hintergrund,
die durchaus beachtenswert ist, ob nicht die moderne Technik dem Menschen mehr
genommen hat, als nur dumpfen Aberglauben, sondern auch vielfache, verschiedene
Zugänge zum Leben und dessen Sinn, zu Möglichkeiten der Bewältigung des
Lebens und manches mehr verschlossen hat.
Dass dabei, wie im Roman, das "Verschwinden der Magie" zeitlich
ziemlich genau eingegrenzt werden kann (1851), dass die weibliche Hauptfigur des
Romans dazu eingespannt wird (von einem merkwürdigen "Geheimagenten",
bei dem alles, was nähere Informationen geben könnte über seine genaue Suche,
seine Behörde und das Ziel all dessen, was da in einem kärglichen Büro in
Boston beginnt als "Verschlusssache" gekennzeichnet ist). Nicht nur
für Melisande Stokes, sondern natürlich auch für den Leser über geraume
(Lese-) Zeit hinweg. Beginnend zu einer "neuen Zeitrechnung" (Jahr 0)
in der Moderne, durch die Zeit sich zurücktastend (und, das weiß der Leser vom
Prolog an, mit Schwierigkeiten, denn da ist schon etwas gewaltig schief gelaufen
oder, besser gesagt, wird später in der Zukunft des Prologs gewaltig
schieflaufen werden).
"An dem ich Tristan Lyons kennenlernte und auf der Stelle einwillige, in
größere Schwierigkeiten zu geraten, als ich mir damals hätte vorstellen
können".
Wobei Stephenson zwar vom gewählten Thema her hier eher den Fantasy Bereich
betritt, das ganze aber dennoch, wie gewohnt, eher als Science Fiction verpackt,
ebenfalls wie gewohnt Nebengeschichten und, vor allem, seinem
"Personal" viele Platz und Zeit zur Entwicklung zur Verfügung stellt
und, auch das nicht ungewohnt, nicht unbedingt einfach schreibt, sondern mit
vielfachen Wendungen die Fantasie des Lesers anregt und diese als einen Teil der
Lektüre quasi mit einplant.
Was, ebenfalls gewohnt, dennoch aber im Stil auch wieder nicht einfach, ein
stückweit "mäandert", sprich sich vor allem im mittleren Drittel des
Werkes verzweigt in Ereignisse und Erläuterungen, die nicht unbedingt den roten
Faden des Buches temporeich vorantreiben. Diese Breite der Erzählweise muss man
dann auch mögen oder zumindest auf dem Weg zum Finale ein stückweit ertragen.
So erweist sich das Werk als eher "echter Stephenson", bei dem die
Teile der beiden Autoren sich nicht erkennbar voneinander abheben. Und wenn sich
dann der Stil in Richtung "Puzzlestücke" aus verschiedensten Quellen
im mittleren Teil des Werkes beginnt, durchzusetzen, bedarf es durchaus
erhöhter Konzentration, um den roten Faden nicht aus dem Blick zu verlieren.
Fazit
Dennoch, ein anregendes Thema, mit vielfachem Humor verarbeitet (Begegnungen mit
Hexen sind nicht immer einfach) und episch in der Breite mit vielfachen Ideen
größerer und kleinerer Natur ausgeschmückt. Flüssig und abwechslungsreich
erzählt, so dass sich eine lohnenswerte Lektüre ergibt.
"Und das sind alles Verschlusssachen, stimmts?" - "Ob sie das
sind oder nicht, ist Verschlusssache".
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 31. Januar 2019 2019-01-31 14:01:46