Abdul Adhim Kamouss kam bereits als Kind in einen intensiven Kontakt zu seinem
Glauben: dem Islam. Er intensivierte die Kenntnisse über seine Religion und
gelangte so, in einem langen Weg, zu tiefen Erkenntnissen und Einsichten. Dass
er der praktischen Lesart des Islam offen gegenüber steht, zeigt die Tatsache,
dass er selbst einen Wandel vom Anhänger der Salafiyya-Bewegung hin zu einem
weltoffenen Dialog unter tiefer Achtung der Lehren des Koran vollzogen hat.
Diesen Weg beschreibt der Autor intensiv und für den Leser nachvollziehbar
insbesondere in den beiden ersten Kapiteln des vorliegenden Buchs. Er spart
dabei durchaus nicht, seine Taten im Rahmen der ihm eigenen Auslegung des Islam
immer wieder in positivem Licht zu erwähnen. Klar wird auch: das kostet ihn -
er verliert Weggefährten und wird in den Berliner Moscheen sukzessive von der
"Bühne", oder besser: aus den Gebetsräumen, verbannt. Davon lässt
er sich nicht schrecken und geht seinen Weg unerschrocken weiter. Seine Sicht,
sein Religionsverständnis ist der zentrale Inhalt des dritten Kapitels. Für
einen Nicht-Muslim viel Neuland, gut verständlich beschrieben, aber kognitiv
immer wieder stark fordern. Wahrlich keine einfache Kost, die der Autor da
"serviert". Es ist aber durchaus auch nicht seine Absicht.
Spannend geschrieben und zu lesen ist auch das vierte Kapitel. Hier werden die
Hauptakteure des "Ist-Standes" des Islam in Deutschland unter die Lupe
genommen. Dies sind sowohl die verschiedenen muslimischen Strömungen, die in
Deutschland ansässig sind, wie auch deutsche Sicherheitsbehörden, Politik und,
last but not least, auch die Medien. Mit Kritik wird hier wahrlich nicht gespart
- an allen! Abschliessend stell Imam Abdul Adhim seinen praktischen Beitrag zur
friedlichen Koexistenz des Islam in Deutschland vor, in Form der "Stiftung
Islam in Deutschland."
Fazit
Mein Fazit: Gut zu schreiben und zu formulieren versteht der Autor, keine Frage!
Somit ist die Lektüre dieses Buches an keiner Stelle langweilig. Für einen
Nicht-Muslim, der in dem säkularen Staat Deutschland aufgewachsen ist, stellen
die Gedankengänge des Imam aber immer wieder dann eine besondere
Herausforderung dar, wenn es ins "Eingemachte" (sprich: der
Interpretation des Koran) geht. Nicht ganz einfach zu verstehen ist die Vielzahl
der Strömungen innerhalb dieser Weltreligion. Und teilweise missachten sie sich
oder sind gar verfeindet. So bleibt vor allem festzuhalten: die
Religionsauslegung des Abdul Adhim Kamouss stellt einen wichtigen Beitrag für
die Hinwendung zu einem weltoffenen Islam dar, geprägt vom demokratischen
Miteinander aller Bürger der Bundesrepublik, Europas und darüber hinaus.
Indofern ein sehr wichtiger Beitrag zu einem immer wieder aktuellen Thema.
Gerade weil der Diskurs über Staat und Religion in der westlichen Welt keine
stetige Präsenz besitzt, ist es einerseits wichtig die Sichtweise eines
gläubigen Muslim zu kennen, wenngleich seine Schlussfolgerungen sicher nicht
durchgängig einen gedanklichen Applaus verdienen. Anregend und friedenstiftend
ist diese Lektüre aber auf jeden Fall!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 01. Januar 2019 2019-01-01 18:38:17