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Nicolas Remin: Sophies Tagebuch

Sophies Tagebuch

von Nicolas Remin
Verlag: Kindler Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-463-40695-4

Preis: 4,99 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
Erika zur Linde findet ihren betagten Vater erschossen an seinem Schreibtisch vor. Davor, dass im Hause zur Linde erstaunlich viel jüdischer Besitz aufgereiht ist, hat Erika bisher offenbar die Augen verschlossen. Bechsteinflügel, kostbares Porzellan, all das durften jüdische Familien bei Ulrichs Eltern in Berlin "unterstellen", bevor sie emigrierten oder vergast wurden. Der väterliche Nachlass enthält, getarnt in mehreren Blancoheften zum Eintragen von Rezepten, die Tagebücher von Erikas früh verstorbener Mutter. Sophie zur Linde hat für die Kriegszeit ungewöhnlich offen und ausführlich Tagebuch geführt und den Namen der Hauptperson nicht verschlüsselt: Felix Auerbach, der mit ihr und ihrem Mann befreundet war.

Erika erfährt, dass ihr Vater kurz vor seinem Tod einen Brief aus den USA erhielt. Paul Singer, der Sohn von Anna Singer, deren Bruder Felix schon 1943 verschwunden sein soll, erkundigt sich nach einem zurückgelassenen Manuskript seines Onkels, weil Ulrich zur Linde in den 60ern einen viel beachteten Kriegsroman veröffentlicht hat. Singer kündigt an, dass er im Herbst 1989 zu einem Recherche-Auftrag nach Deutschland kommen und mit Ulrich über das Manuskript sprechen wird. Hat sich Ulrich zur Linde erschossen, weil er Auerbachs Roman unter seinem Namen veröffentlicht hat? Erika trifft eine Zeitzeugin, die Auerbach gut gekannt hat – und sie muss sich fragen, welche Rolle damals ihr Onkel spielte, der bisher in der DDR lebte.

Da Erika die Sütterlinschrift ihrer Mutter nur mühsam lesen kann, kommt sie mit den Tagebüchern nur langsam voran. So dauert es eine Weile, bis ihr die sonderbare Beziehung zwischen dem Ehepaar zur Linde und Felix Auerbach bewusst wird. Sophie war offenbar mit Ulrich eine Vernunftehe eingegangen, weil sie nur so als Journalistin einer Frauenzeitschrift arbeiten konnte. Sie ist Parteimitglied, Schwester eines SA-Mannes, und will anfangs kaum glauben, dass die Auerbachs Juden sind – so blond wie Felix ist. Obwohl sie berufstätig ist, stellt sich Sophie als Dummchen ohne eigene Meinung dar, das sich hauptsächlich für Mode und Kosmetik interessiert. Sie lebte in gefährlichen Zeiten... Je weiter Erika in den Tagebucheinträgen vorankommt, umso mehr wundert man sich als Leser, warum Felix nicht emigrierte, als er die Gelegenheit hatte, stattdessen in der Beziehung zu den zur Lindes weiter unbekümmert mit dem Feuer spielte. Tagebucheinträge Sophies wechseln in dem komplexen Plot ab mit Abschnitten eines allwissenden Erzählers und Ereignissen von 1989, die Erika aus der Ichperspektive erzählt. Die Kombination aus Erikas Recherche und der Gegenwart des Jahres 1989 liest sich flott weg; erleichtert wird die Lektüre durch die Datumsangabe zu jedem Abschnitt.
Fazit
Im Prolog wird 1945 im Garten eines Berliner Hauses ein Toter vergraben. Der unbekannte Tote und die Frage, ob Ulrich zur Lindes erfolgreicher Roman ein Plagiat sein könnte, lassen Remins Roman beinahe wie einen Krimi wirken. Glaubwürdige historische Details und differenzierte Figuren (die alles andere als Sympathieträger sind) sorgen für spannende Lektüre.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 22. Oktober 2018

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