"Alles ist Psychologie".
Was nicht meint, das man für jede kleine oder kleinste Handlung gleich
Sitzungen beim einem Therapeuten absprechen sollte, aber als Leitthema des
Buches den Leser von Beginn an und durchgehend darauf verweist, dass es
eigentlich nichts an Handlungen eines Menschen gibt, dem man nicht auch
psychologisch in tieferen Ebenen der Persönlichkeit auf die Spur kommen
könnte. Was nun nicht bei jeder Lebensäußerung sein muss, am Ende aber einen
überraschenden, interessanten und höchst praxisnahen Blick auf all jene
verborgenen Motive erlaubt, die u.a. für umtriebige Verkäufer immer wieder
breite Einfallstore darstellen. Und natürlich hilft bei der Lektüre überaus
die Begeisterung für sein Fach und seinen Beruf, die Jens Förster durchweg
anzumerken ist.
"Jeder Händedruck, jede Kaufentscheidung, jede noch so langweilige
Politikerdebatte wird zum Labor".
Ein Labor, das Förster dem interessierten Leser, der überwiegend nicht vom
Fach sein dürfte, in überzeugender Struktur und fundiert vor Augen führt. Was
Psychologie eigentlich bist wird dabei genauso grundlegend erläutert, wie die
Grundpfeiler der Psychologie, Denken, Fühlen und Verhalten sorgfältig und
dennoch in sehr verständlichem und flüssigem Stil geklärt werden. Um dann im
letzten, umfassendem Hauptteil eben nicht auf die speziellen Felder der
psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen abzuheben, sondern die
"Alltagspsychologie", versehen mit vielfachen und griffigen
Beispielen, zu betrachten.
Urteile und Entscheidungen, Personenbeurteilungen, Gruppen, Normen und
Konformität, wer denkt, dass dies alles der "Ratio" entspringt und
"überlegter Teil der eigenen Persönlichkeit" wäre, der wird
umgehend auf das Feld der erworbenen Automatismen, der Prägung als Kind und der
anhaltenden weiteren Prägung durch das soziale Umfeld ebenso verwiesen, wie die
grundlegenden Erkenntnisse der Psychologie, was die lenkende Bedeutung
unbewusster Vorgänge angeht. Um dabei nicht bei der Analyse alleine stehen zu
bleiben, sondern ebenfalls lebensnah Hinweise in vielfältiger Form dem Leser
mit auf den Weg zu geben, wie das eigentlich ginge mit er
"Selbstbestimmung" und der "Selbstregulation"
"Wie erreicht man, was man sich vorgenommen hat" und das eben
angesichts nicht weniger Hindernisse, die in einem selbst vorliegen. Was wichtig
zu lesen ist, wenn es u.a. um den Umgang mit den "täglichen
Verführungen" geht. Und erstaunliche Erkenntnisse der Forschung mit
einbezieht, nicht nur, wenn es um den "Hemmmechanismus" gegenüber
Ablenkungen geht. Ein wichtiges Moment, das man gut nutzen kann, wenn man die
Arbeitsweise dieser "Hemmung" positiv betrachtet und es zu nutzen
versteht, sich von einem konkreten Ziel mithilfe dieses Mechanismus nicht mehr
ablenken lässt. Was funktioniert auch ohne dutzende Stunden an konkreter
Psychotherapie.
Fazit
Ein interessantes und hilfreiches Buch mit vielen "Augenöffnern" und
ebenso vielfältigen praktischen Hinweisen auf einen "persönlicheren"
und "bewussteren" mit den eigenen Entscheidungen, Lebenswegen und
Anfälligkeiten. Aber auch mit manchen breit ausgewalzten Sequenzen, in denen
Förster zu sehr "ins Plaudern" kommt und zu viele Informationen über
Kollegen und einzelne Forschungsergebnisse vermittelt, die in dieser Form hier
und da nicht unbedingt für den Lesefluss nötig gewesen wären. Dennoch im
Gesamten eine durchaus empfehlenswerte Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 17. Oktober 2018 2018-10-17 10:49:25