Etwas vage
"Es war alles geplant, verstehst Du"?
Irma ist ein schlauer Kopf, von Beginn an. Doch Sam, ihr
"Game-Show-Partner" mit dem exotischen Äußeren und der ebenso
exotischen "Nicht-Lebensgeschichte" braucht einfach immer etwas. Um zu
verstehen, was gerade passiert und warum. Wobei auch der Leser das ein oder
andere Mal ins rätseln kommt, was genau in diesem Science-Fiction-Roman
eigentlich geschieht und Thema ist. Ja, der ganze Planet scheint unter zu gehen.
Schleichend, nicht durch eine spontane Katastrophe. Nahrung wird knapp, das
Wetter unerträglich, die Menschen vereinsamen (wie Irma und Sam in einem
kleinen Laden gleich zu Beginn ihrer "Flucht" feststellen werden.
Aber warum genau und was das heißt, das erschließt sich nicht unbedingt im
Lauf der Lektüre. Denn immerhin, für eine großangelegte Reality-Show, die
sich über Jahre erstreckt, scheint Energie, Technik und, vor allem, die
Zuschauerzahlen, noch zu stimmen. Angelehnt an manch krude Angebote der
Gegenwart, schon mal für eine Mission auf den Mars zu proben und sich
freiwillig zur Verfügung zu stellen, hat auch Irma (zum Leidwesen ihrer Eltern)
sich für die Teilnahme an einer "Auswahlshow" gemeldet. Welches Paar,
Junge und Mädchen (um dann auch für Bevölkerung zu sorgen), ist bereit und
schlägt sich durch die vielfachen Wendungen der Show, dann als
"Auserwählte" in ein Raumschiff zu einem neuen Planeten hin gesetzt
zu werden.
Doch Sam bricht aus. Aus der "Arena", deren genauer Standort ein
Geheimnis ist. Doch wichtiger als dieses Fernseh-Event ist der schleichende
Niedergang der Welt, den Irma und Sam auf ihrer Flucht ein um das andere Mal an
den verschiedenen Orten sehen, auch emotional wahrnehmen. Dass die Menschen sich
selbst aufgeben. Nicht mehr die Kraft für einen, wie immer gearteten,
geordneten Alltag haben. Nicht nur das Lebensmittel knapp werden, auch das
"sich dagegen stemmen", auch der Versuch, Lösungen zu finden, der
wird knapp und knapper.
"Das wird schon, de wird schon noch. Den machen wir zum Helden".
Einer, der irgendwo angespült wurde, und bei dem der Leser bis zum Ende
eigentlich rätselt, wer und was dieser Sam genau ist. Was im Gesamten
allerdings dem Roman nur dann einen Abbruch zufügen würde, wenn es wirklich um
die Herkunftsfrage eines möglichen "Auserwählten" ginge. Im Kern
aber erzählt Scheffel vom Jetzt. Von einer Gegenwart, in der mehr und mehr
Menschen eine Zuflucht suchen, ein Refugium, eine Welt, in der es mehr und mehr
Menschen unbehaglich wird und eine ganze Reihe von Antworten wirtschaftliche und
politisch zwar postuliert werden, aber kaum wirklich tragfähige Veränderungen
sich abzeichnen. Außer, der oder die Einzelne erwirbt sich eigne Utopien und
Zukunftsvorstellungen. Worin dieser Roman allerdings dann nicht unbedingt im
Optimismus endet. Und nicht einfach zu lesen ist ob der vielen Andeutungen, der
Perspektivwechsel, der wenig konkreten Orts- und Personenbeschreibungen, der
vielfachen immer neuen Rätsel, die wenig aufgelöst werden.
Fazit
Ein stückweit vage verbleibt der Roman damit einerseits und entzieht sich einem
klaren Zugriff des Lesers auch, was die Protagonisten angeht. Ein Grundgefühl
von "es geht abwärts", auch innerlich, dass allerdings trifft
Scheffler nachhaltig und bringt die Verstörungen der Welt auf den Punkt.
Mit manchmal nicht gerade in sich stimmigen Momenten, aber emotional durchaus
treffend. Trostlos. So dass Trost nurmehr in sich selbst und in der Zuwendung zu
konkreten anderen gefunden werden kann.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 14. Juni 2018 2018-06-14 11:02:55