Ihren Debütroman "Deine Seele in mir" veröffentlichte
Susanna Ernst über die Onlineplattform neobooks, bevor der Knaur-Verlag auf den Roman aufmerksam wurde. Jetzt liegt die Taschenbuchausgabe vor. Im Gespräch verrät Susanna Ernst, wie der Roman entstanden ist und welche Pläne sie für die Zukunft hat.
Michael Krause: Die Idee für "Deine Seele in mir" ist aus einem Traum heraus entstanden. Wie ist aus dem Traum ein Roman geworden?
Susanna Ernst: Tja, das hat viele Jahre gedauert. Nicht das Schreiben selbst, eher das Träumen. Denn es ist wahr, die Idee der Story beruht auf einem Albtraum, der mich seit frühester Kindheit immer wieder heimsuchte. Damit im Gepäck, musste ich erst erwachsen werden und heiraten, damit mich mein Mann – der übrigens der Erste war, dem ich diesen Traum in allen Details schilderte – überreden konnte, mal über den Tellerrand hinauszuschauen und das Ganze nicht immer wieder verschreckt zu verdrängen.
"Du schreibst doch sowieso so viel, schreib dir diesen Traum doch mal von der Seele."
Er stellte mir Fragen zu diesen beiden Kindern, die ich in meinem Traum über das weite Sonnenblumenfeld laufen sah. Erkundigte sich beispielsweise nach ihren Namen, ihrem Alter, und fragte, was denn mit dem Jungen passierte, wenn ich mir so sicher war, dass nur das Mädchen nach dem Übergriff des maskierten Mannes starb. Seltsamerweise kannte ich alle Antworten, sie waren einfach da. Also folgte ich seinem Rat mitten in der Nacht, stand auf und begann zu schreiben. Die kommende Zeit saß ich mit Tunnelblick vor meinem Laptop und verfasste die Grundfassung des Buches in nur zehn Tagen.
MK: Wie lange hat es dann gedauert, bis der Roman fertig war?
SE: Wie bereits erwähnt stand das "Grundgerüst" sehr schnell. Von dieser Fassung, an der ja – um es mal bildlich zu beschreiben – erst noch gehobelt, gefeilt, geschliffen und letztlich poliert werden musste, bis zur endgültigen Version, die dann durch neobooks veröffentlicht wurde, verging ein Dreivierteljahr.
MK: Wie sind die Protagonisten Amy und Matt entstanden?
SE: Sie waren einfach da. Als ich begann mich für die Handlung zu interessieren, die sich dem (Albtraum-) Prolog anschließt, erschien es mir fast so, als hätte Matty nur auf diese Bereitschaft meinerseits gewartet. Er stand auf und zog mich an seiner Hand durch seine und Amys Geschichte, so fühlte es sich an. Und das verdammt lebendig und eigenwillig, obwohl die beiden tatsächlich durch und durch fiktive Figuren sind.
MK: Wie stark sind Ihnen Matt und Amy während des Schreibens ans Herz gewachsen?
SE: Oh, sehr. Besonders Matty vermisse ich sehr.
MK: Welchen Grund gab es, die Geschichte von Matt und Amy nicht in Deutschland spielen zu lassen?
SE: Nun, wie schon beschrieben war es ja so, dass ich die Szenen einfach vor mir sah, wie beim Lesen oder – noch definierter – beim Ansehen eines Films. Irgendwann fiel mir auf, dass die Gemütssituationen der Protagonisten immer durch bestimmte Witterungen begleitet waren. Ohne hier zu viel von der Handlung vorwegnehmen zu wollen, ein paar Beispiele:
Unbeschwerte Kinder, die lachend und rufend in ihr Spiel vertieft sind -> Sonnenblumenfeld, strahlender Himmel
Der brutale Übergriff des Maskierten auf die beiden Kinder -> schlagartige Kühle und Verdunklung, durch das Erreichen des Waldes
Matt, der als erwachsener Mann einsam und in sich zurückgezogen lebt und so auf die noch viel isolierte Autistin Julie trifft -> eine eisige Umgebung, wo der Winter im wahrsten Sinne des Wortes bereits in den Herbst hineinschneit, um im Anschluss den Frühling mit weit ausgestrecktem Arm möglichst lange aufzuhalten.
Diese Landschaftsexpressionen und witterungsbedingten Stimmungen ziehen sich durch das ganze Buch, begleiten und unterstreichen immer die momentan herrschende Stimmung. Sie waren so extrem, dass die Story in Europa nur länderübergreifend und somit mit extremen sprachlichen Barrieren hätte spielen können. In der Weite Amerikas hingegen blieb dennoch alles stimmig.
MK: Hatten Sie zu Beginn des Schreibens die komplette Geschichte geplant oder haben sich Entwicklungen erst während des Schreibvorgangs ergeben?
SE: Nein, geplant war da gar nichts. Im Gegenteil, manchmal überlegte ich mir, wenn ich gerade nicht schreiben konnte, wie es weitergehen könnte. Sobald ich mich jedoch zurück an den Laptop setzte und weiterschrieb, entwickelte sich alles ganz anders. Um ehrlich zu sein fühlte es sich überhaupt nicht an als würde ich selbst schreiben, sondern eher wie das Lesen einer bereits stehenden Story. Sehr seltsam, das Ganze!
MK: Bevor der Roman als Taschenbuch erschien, haben Sie ihn als eBook veröffentlicht. Wie lange haben Sie nach einem Verlag gesucht?
SE: Mit neobooks wurde ja bereits das eBook unter Verlagsmantel veröffentlicht. Mit dem Suchen und Finden meines Verlags hatte ich unsagbares Glück, zumal es wirklich mein erster Versuch war, das Manuskript "an den Mann zu bringen".
Die damals noch ganz frische Plattform neobooks, die ja zum Droemer-Knaur-Konzern gehört, bot mir im wahrsten Sinne des Wortes ein Sprungbrett und eine Chance, die ich auf anderem Wege ganz sicher nicht erhalten hätte. Wie alle anderen neobookler lud ich meine Leseprobe hoch, sie wurde viel gelesen und rezensiert, und auch das Lektorat zeigte bald schon Interesse und forderte die Übersendung des kompletten Manuskripts. Das ging sehr reibungslos. So reibungslos, dass ich mein Glück bis heute manchmal kaum fassen kann.
MK: Wer ist der erste Leser Ihrer Geschichten?
SE: Meine Mutter, beide Schwestern und zwei Testleserinnen (Hier mal ein riesiges DANKE an Sandra Budde und Beate Döring), die mein vollstes Vertrauen genießen.
MK: Ihr zweiter Roman "Das Leben in meinem Sinn" ist ebenfalls als eBook veröffentlicht worden. Gibt es Planungen auch diesen Roman als gedrucktes Buch zu veröffentlichen?
SE: Ja, gibt es. Der Vertrag ist ganz frisch, aber schon beidseitig unterzeichnet, daher kann ich es ja jetzt offiziell machen. Auch "Das Leben in meinem Sinn" wird als Knaur-Taschenbuch erscheinen. Allerdings erst 2014.
MK: Was hat Sie bewogen Schriftstellerin zu werden?
SE: Keine Ahnung, es kam so über mich. Geschrieben habe ich schon immer gerne, und ich kann mir einfach nichts Schöneres, nichts Freieres und Befriedigenderes vorstellen, als sich von der eigenen Fantasie treiben zu lassen und immer wieder aufs Neue fasziniert zu sein, wo sie einen absetzt und über welche Zwischenstationen der Ausflug führt.
MK: Welche Autoren haben Sie beeinflusst?
SE: Ich weiß nicht, ob sie mich beeinflusst hat, aber beeindruckt hat mich Pearl S. Buck. Ich liebe diese Frau für ihre unaufgeregte und dennoch tiefgreifende Art der Erzählung, die zumindest bei mir sehr lange nachhallt.
MK: Gibt es ein Buch, das sie immer wieder lesen können?
SE: Ja, etliche. "Trapez" von Marion Zimmer-Bradley beispielsweise. Ich habe diesen – für seine Zeit sehr mutigen – Roman schon achtmal gelesen und hatte ihn bei der Auswahl meiner Urlaubslektüre in diesem Sommer schon wieder in der Hand. Da mein Mann aber die Koffer schleppt und das Buch mit seinen 860 Seiten wirklich ein Schinken ist, musste es letztendlich doch zu Hause bleiben.
MK: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
SE: Ich gehe viermal die Woche vormittags meinem Beruf als Bankkauffrau nach, der Nachmittag und Abend gehört meinem Mann und unseren beiden Kindern. Erst am späteren Abend, in der Nacht und natürlich an meinem freien Tag habe ich Zeit zum Schreiben. Und die wird natürlich genutzt.
MK: Haben Sie bestimmte Rituale, wenn Sie schreiben?
SE: Ja, ein sehr Unromantisches: Ich knipse den Facebook-Chat aus. Sonst komme ich zu nichts.
MK: Was macht Susanna Ernst, wenn sie nicht schreibt?
SE: Och, da steht – auch außer dem bereits Erwähnten – so einiges zur Auswahl: zeichnen, lesen, basteln, schwimmen, singen, Torten verzieren, reisen. Mir wird nie langweilig. Nur Shoppen kann ich nicht. Bin absolut unfähig Geld für Kleidung, Handtaschen, Schmuck und besonders für Schuhe auszugeben.
MK: Was bedeutet Heimat für Sie?
SE: Der Ort, an dem mein Herz zur Ruhe kommt. Und das ist im Zweifel immer der, an dem auch meine Familie ist. Ich bin schon sehr verwurzelt mit meinem Heimatstädtchen Königswinter, in dem ich auch geboren und aufgewachsen bin. Darum könnte ich mir zwar vorstellen umzuziehen, würden es gewisse Umstände erfordern. Ich denke aber, dass ich mit Heimweh zu kämpfen hätte und bislang fröhlichen Erinnerungen fortan eher wehmütig nachhängen würde. Das ist nämlich immer so eine Sache mit den Erinnerungen: Sie wirken irgendwie greifbarer und weniger blass, solange man sich noch am Ort des Geschehens befindet.
MK: Ein paar Worte zum nächsten Roman...
SE: Manche Figuren lassen einen schlichtweg nicht los. Mary, Matts kleine Sekretärin, ist so ein Charakter. Winzig zwar aber sehr energisch, bohrte sie sich während der vergangene Monate immer wieder in meinen Kopf. Nun, nach all dem Stress hat sie sich ihre eigene Story wohl auch verdient. Daher folge ich momentan ihr. Ins Glück, wie ich hoffe.
MK: Wird dieser als eBook und/oder gedruckter Roman erscheinen?
SE: Schauen wir mal. Ich habe das Exposé noch nicht vorgestellt, daher bleibt abzuwarten, was der Verlag dazu meint.
MK: Dank sozialer Netzwerke halten viele Autoren Kontakt mit ihren Lesern? Wie wichtig ist Ihnen der Austausch mit ihren Lesern?
SE: Sehr, sehr wichtig. Bis vor zwei Jahren hatte ich kein Facebook-Account, aber das musste sich natürlich ändern. Mittlerweile betrachte ich das, was viele als Fluch bezeichnen, als wahren Segen. Die sozialen Netzwerke haben mir einige richtig tolle Bekanntschaften gebracht und die Möglichkeit, ganz ungezwungen mit meinen Lesern zu chatten. Ich finde das toll!
MK: Letzte Frage: Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
SE: Motorboot mit ausreichend Sprit, GPS-Gerät und viiieeel Wasser.
Ernsthaft, ich bin nicht der Einsame-Insel-Typ. Würde eingehen wie eine Primel. Schnell zurück zu meinen Lieben!
MK: Wir danken Ihnen für dieses Interview!