Mit humorvollen Romanen wie "Mieses Karma" oder "Happy Family" hat sich
David Safier zu einem der erfolgreichsten Autoren der Gegenwart gemausert. Jetzt wechselte er das Genre und legt mit "28 Tage lang" eine imposante Geschichte über das Warschauer Ghetto vor. Mit Buchtips sprach der sympathische Autor über die Reaktionen auf dieses Werk und er verriet uns, warum es deutsche Drehbuchautoren so schwer haben, mit der internationalen Konkurrenz mitzuhalten.
Michael Krause: Mit Ihrem Roman "28 Tage lang" betreten Sie ein neues Genre. Wie fühlen Sie sich, nachdem der Roman so positiv von den Lesern und von der Kritik aufgenommen wurde?
David Safier: Ich freue mich sehr darüber. Besonders, dass die Leser ihn so lieben. Das hatte ich zwar gehofft, aber erwarten kann man es nicht wirklich.
MK: Wie lang musste die Idee reifen, um einen Roman über das Warschauer Ghetto zu schreiben?
DS: Ich habe seit über 20 Jahren über dieses Thema nachgedacht und wollte die Geschichte immer aufschreiben, aber erst jetzt hatte ich die persönliche Reife, dem ganzen auch gerecht zu werden.
MK: Wie schwer war es, Ihren Verlag von dieser Idee zu überzeugen?
DS: Nicht so schwer. Natürlich gab es Zweifel - wäre auch merkwürdig wenn nicht, bin ich doch als lustiger Autor bekannt – aber die waren weg, nachdem der Text vorlag. Fortan hat sich mein Verlag mit Begeisterung hinter das Projekt gestellt.
MK: Stand von Beginn an fest, dass auch jugendliche Leser zur Zielgruppe gehören sollten?
DS: Für mich schon – und die Reaktion zeigt auch, dieses Buch ist im besten Sinne eines für alle Altersklassen von 14-99.
MK: Haben Ihre Kinder den Roman gelesen?
DS: Mein großer Sohn hat ihn gelesen und gibt ihn mit Begeisterung an seine Freunde weiter, mein kleiner Sohn hört gerade das Hörbuch.
MK: Wie tief sind Sie in die damaligen Ereignisse eingetaucht?
DS: Sehr tief. Ich habe fast ein halbes Jahr recherchiert.
MK: Gab es ein Ereignis, dass Sie besonders beeindruckt oder mitgenommen hat?
DS: Viele, viele Ereignisse und all die habe ich auch in meinen Roman eingeflochten. Besonders beeindruckt haben mich die Momente von menschlicher Größe, die es damals gab.
MK: Wie lange hat die Arbeit an "28 Tage lang" von der Idee bis zur Abgabe des Manuskriptes gedauert?
DS: 21 Jahre in Gedanken. Und die handwerkliche Arbeit an dem Manuskript hat dann nochmals ein Jahr in Anspruch genommen.
MK: Hat sich die Arbeit an diesem Roman im Vergleich zu Ihren humorvollen Geschichten anders gestaltet?
DS: Beim Humor muss man lange, lange, lange an den Pointen feilen, das fiel hier weg.
MK: Sie kommen ja aus dem Drehbuchbereich. Würde es Sie reizen, wieder für's Fernsehen zu arbeiten?
DS: Derzeit nicht, but never say never.
MK: Warum ist es in Deutschland so schwer, innovative Serien wie "Breaking Bad", "Game Of Thrones" oder auch die dänische Serie "Borgen" zu erschaffen?
DS: Da gibt es sehr viele unterschiedliche Gründe. Das hat etwas mit Zielgruppen zu tun. Die deutschen Sender treffen andere strategische Entscheidungen. Die dänischen Sender haben sich entschieden voll auf Serien zu setzen. Die Deutschen sagen wir machen TV-Movies. Und im Vergleich zu den USA hat es auch mit Zielgruppen zu tun. Deutsche Sender wollen möglichst viele Zuschauer, Sender wie HBO und Netflix wollen kauffreudige Abonnenten. Und dann hat es auch etwas damit zu tun, dass in den USA der Drehbuchautor auch der Produzent ist, in Deutschland (bis auf wenige Ausnahmen wie in meinem Fall bei "Berlin, Berlin") der Drehbuchautor leider nichts zu melden hat.
MK: Machen ausländische Drehbuchautoren etwas anders?
DS: Sie haben mehr Macht und Einfluss. Bei uns haben sie das nicht.
MK: Wie unterscheidet sich die Arbeit an einem Roman von der an einem Drehbuch?
DS: Bei einem Roman redet einem niemand rein. Dazu muss ich sagen, dass man das auch bei "Berlin Berlin" nicht gemacht hat, was sonst jedoch die Regel ist. Außerdem gibt es beim Romanschreiben kein Budget auf das man achten muss. Somit kann ich als Autor meiner Phantasie viel freieren Lauf lassen. Dabei ist ein ganz wesentlicher Aspekt, dass beim Roman zwei Phantasien aufeinander treffen: Die des Autors trifft auf die des Lesers.
MK: Nehmen Sie sich jeden Tag ein bestimmtes Schreibpensum vor?
DS: Nein, aber ich schreibe jeden Tag und erreiche so ein bestimmtes Pensum im Monat.
MK: Gab es Autoren, die Sie beeinflusst haben?
DS: Einige. Billy Wilder, Charlie Chaplin, Woody Allen, Douglas Adams, Richard Adams, Stan Lee, Jack Kirby, Carl Barks, Rene Gosciny.
MK: Welchen Kinofilm können Sie immer wieder anschauen?
DS: Eindeutig "Das Appartement" von Billy Wilder.
MK: Was machen Sie gerne, wenn Sie nicht schreiben?
DS: Lesen. Filme oder Serien schauen, zum Fußball gehen, mich mit Freunden treffen und vor allem Zeit mit der Familie verbringen.
MK: Wie definieren Sie für sich den Begriff Heimat?
DS: Unser Haus.
MK: Was sehen Sie von Ihrem Schreibtisch aus?
DS: Bäume und andere Häuser.
MK: Zum Schluss noch eine Frage, die viele Leser interessieren wird. Wird der nächste Roman wieder ein humorvolles Werk?
DS: Ja. Mehr möchte ich aber noch nicht verraten.
MK: Ich danke Ihnen für dieses Gespräch!