Mit ihrem Romandebüt "Tausche Ex gegen Sex" legt die in Bielefeld geborene und in Berlin lebende Annette Kruhl einen überaus humorvollen Roman vor. Nach einer heißen Liebesnacht mit einem deutlich jüngeren Mann beschließt Marlene ihren Mann Albert und ihr gut situiertes Leben in Berlin zu verlassen und sich ins Singleleben zu stürzen.
Im frisch renovierten Grünen Salon der Freien Volksbühne Berlin feierte die Autorin am 20. September 2013 die Buchpremiere. Doch satt einer normalen Lesung erwartete die Besucher deutlich mehr. Die Kabarettistin peppte ihre Lesung mit Ausschnitten aus ihrem aktuellen Programm auf und ließ es sich auch nicht nehmen, das Publikum in die Show einzubeziehen. Auch am Klavier machte Annette Kruhl eine gute Figur und sang eigene Songs, die thematisch hervorragend zu ihrem Roman passten.
Bei der Auswahl der Szenen, welche die Autorin vortrug, bewies sie mehr als ein gutes Händchen. So wurden die Zuhörer Zeuge von Marlenes Liebesnacht, machten Bekanntschaft mit Klaus Schulte-Dupont, einem zwielichtigen Aufreißer und mit Oli, einem muskelbepackten Berliner Original, der Marlene unbedingt "rallern" will. Und sie erlebten Marlenes Silvesternacht bei deren spießiger Freundin Liesbeth. All diese Figuren erweckte Annette Kruhl so intensiv zum Leben, das es im Auditorium immer wieder herzhafte Lacher gab. Nach knapp 2,5 Stunden inklusiver einer Pause beendete Annette Kruhl den Abend mit einer wunderbaren Andrea-Berg-Persiflage. Doch damit nicht genug. Die Autorin stand natürlich für Signierwünsche und Gespräche bereit. Auch Buchtips.net nutzte die Gelegenheit mit Annette Kruhl über ihren Roman zu sprechen.
Michael Krause: Wie ist die Idee zu "Tausche Ex gegen Sex" entstanden?
Annette Kruhl: Ursprünglich hatte ich gar nicht vor, einen Roman zu schreiben, sondern dachte eher an eine satirische Kurzgeschichten-Sammlung zum Thema "Single-Frau in der Großstadt". Aber als meine Agentur mir dann sagte, dass sie meine Texte zwar gut finden, sich Kurzgeschichten aber leider gar nicht verkaufen würden, entwickelte ich das Exposé zu einem Roman. Und wie sich herausstellte, war das auch viel stimmiger für das, was ich erzählen wollte.
MK: Sind Sie beim Schreiben ein Planer oder lassen Sie sich von der Idee treiben?
AK: Beides. Ich habe mir ein grobes Konzept zurechtgelegt und mich daran orientiert, aber vieles hat sich dann während des Schreibens verselbständigt und ist plötzlich in eine ganz andere Richtung gegangen.
MK: In "Tausche Ex gegen Sex" taucht eine Vielzahl interessanter Figuren auf. Wie sind diese entstehen?
AK: Viele der Figuren in dem Roman haben Vorbilder aus der Realität bzw. dem, was ich erlebt habe, aber natürlich wird dann beim Schreiben alles satirisch überspitzt bzw. manchmal verschmelzen auch zwei Vorbilder aus der Wirklichkeit zu einer Figur und werden dann zu jemand völlig Neuem – dies ist z.B. bei der Figur Maurice der Fall.
MK: Sie haben auch viel fürs Fernsehen gearbeitet. Was fällt Ihnen leichter: Das Drehbuchschreiben oder das Schreiben eines Romans?
AK: Ich habe bislang ja nur Drehbücher für TV-Comedy-Formate geschrieben, und musste mich dabei sehr stark an Vorgaben halten, auch, was die Inhalte und die Art des Humors betrifft. Das kann auch eine ganz schöne Herausforderung sein. Mein Roman dagegen bedient meinen ganz eigenen Stil, und abgesehen von einigen Wünschen meiner Lektorin wurden mir in kreativer Hinsicht keinerlei Grenzen gesetzt. Aber einen Roman zu schreiben, muss man auch erst mal hinkriegen. Das sind ganz unterschiedliche Genres und somit völlig verschiedene Arten des Schreibens, aber ich würde es immer wieder vorziehen, einen Roman zu schreiben.
MK: Gab es handwerkliche Aspekte des Drehbuchschreibens, die Ihnen bei der Arbeit an Ihrem Romandebüt geholfen haben?
AK: Ja. Ich konnte sicher meine Erfahrungen damit, wie man Pointen aufbaut, wie man Komik erzeugt und rasante Dialoge schreibt, auch bei meinem Roman zum Einsatz bringen.
MK: Wie intensiv haben Sie sich mit dem Berliner Nachtleben beschäftigt?
AK: Ziemlich intensiv! Das, was im Roman diesbezüglich beschrieben wird, ist schon sehr nah an der Realität.
MK: Sie arbeiten auch erfolgreich als Kabarettistin, wie Sie heute Abend unter Beweis gestellt haben. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie Menschen zum Lachen bringen können?
AK: Ich war schon immer fasziniert davon, andere Menschen zum Lachen bringen bzw. das Leben mit Leichtigkeit und Humor nehmen zu können. Insofern habe ich mich auf diesem Gebiet schon ziemlich früh ausprobiert, indem ich z.B. im Alter von 10 oder 11 mit meinem kleinen Bruder Sketche von Loriot und Kishon nachgespielt oder mir Parodien auf bekannte Songs aus der Hitparade ausgedacht habe. Und später im Schauspielunterricht war ich dann auch immer eher der Clown.
MK: Wie unterscheidet sich die Arbeit der Kabarettistin von der der Romanautorin?
AK: Als Kabarettistin zeigt man sein kreatives Produkt, sprich: seine Show einem Publikum, das unmittelbar darauf reagiert, und das Produkt verändert sich jeden Abend ein bisschen bzw. entsteht jeden Abend neu. Außerdem habe ich auf der Bühne ganz andere Möglichkeiten, Komik durch Mimik, Gestik, Tonfall oder Musik zu vermitteln. Als Autorin sitze ich erst mal allein hinter meinem PC und muss mich damit abfinden, dass ich ab dem Zeitpunkt, wo das Buch gedruckt ist, nichts mehr daran ändern kann. Und ich kann erst dann wirklich beurteilen, ob etwas witzig ist, wenn ich es anderen vorlese.
MK: Marlene hat bis zu ihrer Trennung keinen Facebook-Account. Wie intensiv nutzen Sie soziale Netzwerke?
AK: Ich bin auf Facebook und Xing zu finden, aber das war es auch schon.
MK: Ihr Lieblingsautor ist Moliére. Was fasziniert Sie an ihm?
AK: Ich finde die plakative Komik von Moliéres Figuren toll, die ja der Commedia dell Arte verpflichtet sind, die ich liebe. Seine Stücke haben immer einen tollen Spannungsbogen, seine Dialoge bieten den Darstellern wundervolle Möglichkeiten zum komödiantischen Spiel, und seine Themen sind zum Teil immer noch aktuell.
MK: Gibt es andere Autoren, die Sie beeinflusst haben?
AK: Nicht wirklich.
MK: Sie leben seit einigen Jahren in Berlin. Was reizt Sie an dieser Stadt?
AK: Berlin ist eine Herausforderung und ich liebe Herausforderungen. Es ist eine sich ständig verändernde, lebendige, vielfältige Stadt mit einer Menge Möglichkeiten, die es woanders so nicht gibt.
MK: Was ist das Verrückteste, was Sie bisher erlebt haben?
AK: Hab ich doch alles schon in meinem Roman erzählt :)
MK: Letzte Frage. Wer oder was macht Sie glücklich?
AK: Glücklich macht mich zum Beispiel: Meine beiden Kinder, anderen durch meine Kunst etwas geben zu können, Verliebtsein, gutes Essen.
Doch damit war der Abend noch nicht ganz zu Ende. In Anlehnung an den Musikgeschmack von Annette Kruhls Protagonistin Marlene folge noch eine Soul-Party mit DJ Goodfoot und ich erfuhr, dass es ein Wiederlesen mit Marlene geben wird, denn der nächste Roman von Annette Kruhl ist in Arbeit...