Eine runde Sache
Der Traum einen Bestseller zu schreiben oder
zumindest im Verlag zu haben, zog auch in diesem Jahr wieder tausende Verleger,
Autoren und Leser auf das Messegelände in Frankfurt. Trotzdem hört man immer
wieder, das Verlegen oft ein Glücksspiel sei. Nicht jeder Verlag hat das Glück
einen Daniel Kehlmann, eine Andrea Schenkel oder die diesjährige Gewinnerin des
deutschen Buchpreises Julia Franck unter Vertrag zu haben. Und so investieren
die Verlage oft viel Geld in eine Kampagne, um am Ende schmerzhaft zu erfahren,
dass der Titel nicht akzeptiert wurde. Letztlich entscheidet der Leser, was er
gut findet und was nicht und um sich diese Entscheidung ein wenig leichter zu
machen tummelten sich in den fünf Tagen in der Mainmetropole rund 280.000
Besucher auf dem Messegelände und bestaunten ein schier überwältigendes Angebot
von fast 400.000 Titeln. Die Messeleitung zeigte sich mit den Zahlen zufrieden
und hat auch allen Grund dazu, denn die diesjährige Frankfurter Buchmesse war
eine runde Sache.
Internationale Schriftsteller und viel Prominenz aus Politik, Film und Fernsehen
gaben sich in Frankfurt ein Stelldichein und luden zu einem bunten Programm, das
jeden Besucher in seinen Bann zog. Und so war es nicht verwunderlich, dass
wirklich für jeden Geschmack etwas dabei war. So dürften die Politikermemoiren
von Klaus Wowereit ("Und das ist auch gut so") und Joschka Fischer ("Die rot-
grünen Jahre") ebenso wenig fehlen, wie die Autobiografie des amtierenden
deutschen Superstars Mark Medlock ("Ehrlich"). Da die meisten Leser aber nicht
nur Biografien amtierender oder ehemaliger Politiker oder Lebensweisheiten
juryerprobter Sänger lesen möchten, kamen auch Liebhaber anderer Genres auf ihre
Kosten und konnten sich an Veranstaltungen mit Günter Grass, Fay Weldon oder dem
norwegischen Krimiautoren Jo Nesbo erfreuen. Einer der Höhepunkte der Messe war
sicherlich das Gipfeltreffen der deutschen Fantasytopstars Wolfgang Hohlbein,
Jenny-Mai Nuyen, Kai Meyer und Peter Schwindt die im Lesezelt der Messe nicht
nur jugendliche Leser mit ihrer Podiumsdiskussion rund um die Fantasyliteratur
in ihren Bann zogen. Auch der diesjährige Ehrengast der Frankfurter Buchmesse,
die katalanische Kultur, trug zum Erfolg vieler Veranstaltungen bei und
entsandte mit Maria Barbal, Quim Monzo oder Jordi Punti bekannte Autoren.
Doch die Frankfurter Buchmesse bot auch in diesem Jahr wieder Raum für
politische Diskussionen. So ging es in der Diskussion "Sklaverei in Deutschland"
um Menschen in Arbeitsverhältnissen extremer Abhängigkeit. Auch
bildungsrelevante Veranstaltungen waren in diesem Jahr wieder zahlreich zu
finden. Der auf der letztjährigen Buchmesse ins Leben gerufene Schwerpunkt
"Zukunft Bildung" wurde in diesem Jahr weiter ausgebaut. Neben der
internationalen Konferenz der Alphabetisierungskampagne LitCam war das SPIEGEL-
Bildungsforum einer der zentralen Veranstaltungsorte der Frankfurter Messe.
Auch die weitere Digitalisierung war ein Schwerpunkt in diesem Jahr. Dabei
konnte man sich über Podcasts und Blogs genauso informieren, wie über einen
ständig wachsenden Hörbuchmarkt. So war es auch nicht verwunderlich, dass das
FOCUS Forum Hörbuch einer der großen Anlaufpunkte der diesjährigen Buchmesse war
und dem Besucher jede Menge interessante Veranstaltungen bot, von denen die
Präsentation des Barsches-Hörspiels "Genfer Nebel" nur einer der zahlreichen
Höhepunkte war.
Mit 2500 Veranstaltungen und einem erneut komplett ausgebuchten Messegelände ist
die Frankfurter Buchmesse am Rande ihrer Kapazitäten angekommen. Doch vor der
Anmietung neuer Hallen warnt Buchmessenleiter Jürgen Boos. "Wachstum sei
wichtig, aber nicht um jeden Preis. Qualität ginge eindeutig vor Quantität".
Diesem Maßstab ist die Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr auf jeden Fall
gerecht geworden.
Weitere Artikel hier