Mit "
Der Klang des Pianos" legt die in Süddeutschland lebende Autorin
Elisabeth Büchle einen Titanic-Roman der etwas anderen Art vor. Sie erzählt die packende Geschichte der Werftarbeiter und stellt den eigentlichen Untergang eher in den Hintergrund. Buchtips sprach mit der Autorin über die Arbeit an dem Roman und über den Mythos Titanic.
Michael Krause: Der Untergang der Titanic fasziniert auch einhundert Jahre nach der Katastrophe viele Menschen. Was macht Ihrer Meinung nach, den Reiz des Mythos Titanic aus?
Elisabeth Büchle: Zum einen dürfte es tatsächlich der Mythos selbst sein, der um diesen Untergang gesponnen wurde. Welche Fakten entsprechen der Wahrheit, welche entstammten im Laufe der Zeit den Vorstellungen der Menschen? Bereits kurz nach dem Unglück begannen sich Realität und Fantasie zu vermischen. Zum anderen war es das erste Unglück, von dem - dank der damaligen Erfindung des Marconi-Telegrafen - sehr schnell weltweit berichtet wurde. Zudem störte der Untergang der Titanic empfindsam die Technikgläubigkeit der damaligen Zeit. Außerdem darf man bei der Frage nicht die ausgesprochen finanzstarke, illustre Gesellschaft an Bord des Liners vergessen.
MK: Wann hatten Sie die Idee, die Handlung eines Romans auf der Titanic anzusiedeln?
EB: Da auch mich die Faszination um die Tragik des Unglücks schon in sehr frühen Jahren ereilte, spielte ich schon sehr lange mit dem Gedanken. Genau festmachen kann ich es aber nicht.
MK: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie gerade die Arbeiterschicht in Belfast so stark in den Fokus Ihres Romans stellen?
EB: Mein Bestreben war es, nicht die übliche 1. Klasse – 3. Klasse-Story zu Papier zu bringen. Also wandte ich mich den Werftarbeitern, den Stewards, Heizern und Matrosen zu. Ich finde, sie wurden bisher viel zu wenig beachtet, hatten sie doch einen entscheidenden Anteil an der Erbauung, an der Fahrtüchtigkeit und an den Rettungsbemühungen nach der Kollision. Gerade die Heizer und die Ingenieure an Bord (Letztere verloren beim Untergang alle ihr Leben!) halte ich für die wirklichen Helden der Titanic.
MK: Haben Sie sich im Vorfeld von Verfilmungen oder anderen Romanen um die Titanic inspirieren lassen?
EB: Ich kenne zwei Titanic-Verfilmungen, habe diese aber nicht bewusst unmittelbar vor bzw. während des Schreibprozesses angeschaut, Bücher in Romanform habe ich gar nicht gelesen. Erst nach der Rohfassung nahm ich mir intensiv die Cameron-Verfilmung vor, ist der Regisseur doch für seine Detailtreue bekannt, sodass ich mir einige Räume, Kleidungsstücke oder Gebrauchsgegenstände auch mal in Farbe und nicht nur anhand von schwarz-weiß Fotografien oder Filmen zu Gemüte führen konnte.
MK: Wie schwer und intensiv war die Recherche der historischen Fakten?
EB: Recherche für einen Roman sind meist sehr aufwändig, zumal ich den Ehrgeiz besitze, möglichst ohne gravierende Fehler auszukommen. Im Fall der Titanic war die Recherche auf der einen Seite leicht, da es viele Sachbücher und auch Berichte Überlebender gibt, an denen ich mich entlang hangeln konnte. Andererseits musste ich schon sehr aufpassen, nicht ebenfalls einem vom Mythos behafteten Detail aufzusitzen.
MK: Wie lange hat die Arbeit an "Der Klang des Pianos" gedauert?
EB: Die Recherche und die spätere Überarbeitung mit eingeschlossen schätze ich die Arbeitszeit auf etwa ein Jahr.
MK: Der Roman erzählt eine Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund und enthält durchaus auch ein paar Krimielemente. Worin liegt für Sie der Reiz, diese unterschiedlichen Ansatzpunkte zu verknüpfen?
EB: Ich mag es gerne spannend. Aus diesem Grund verknüpfe ich meine Liebesgeschichten gerne mit einer aufregenden Story. Oder ist es vielmehr so, dass ich in eine abenteuerliche, spannende Erzählung eine Liebesgeschichte verwebe?
MK: Wenn Sie Ihre Arbeitsweise beschreiben müssten: Gleichen Sie eher dem strukturierten Richard oder der impulsiven Norah?
EB: Das ist mal eine lustige Frage! Ich fürchte, ich tendiere mal mehr zu Richard, mal mehr zu Norah. Ohne Disziplin und Zielstrebigkeit funktioniert es nicht, eine Geschichte dieses Umfangs zu schreiben. Aber das Impulsive (oder Chaotische?) ist mir durchaus sehr vertraut.
MK: Sie sind seit Kindesbeinen ein Bücherwurm. Wann haben Sie den Wunsch verspürt selbst Geschichten zu erzählen?
EB: Ich begann mit dem Schreiben, kaum dass ich alle Buchstaben auf Papier kritzeln konnte. Das dürfte so Ende der ersten Klasse gewesen sein. Allerdings entstammte dies weniger dem Wunsch, Autorin zu werden, als vielmehr einer hervorragenden Möglichkeit, meine überschäumende Fantasie in geordnete Bahnen zu lenken.
MK: Was ging in Ihnen vor, als Sie Ihre erste Geschichte veröffentlicht hatten?
EB: Mein erster Roman "Im Herzen die Freiheit", erschien im Jahr 2006. Und es war SEHR aufregend, plötzlich ein Buch in den Händen zu halten, dessen Geschichte ich schon vor dem Lesen kannte. Auch erinnere ich mich gut, dass ich damals fast erschrocken war, wie groß mein Name vorne auf dem Cover abgedruckt war. Ganz ehrlich: Diese Faszination und Freude, ein eigenes Buch in den Händen zu halten, hat mich bis heute noch nicht losgelassen. Es ist immer wieder ein Erlebnis!
MK: Welche Geschichten mag die Leserin Elisabeth Büchle?
EB: Vielleicht wäre es einfacher zu schreiben, welche ich nicht mag!? Aber ich versuche einmal zu Umreißen, was für mich gute Bücher sind. Ich mag Geschichten die nachvollziehbar sind, sich also im reellen Leben so zugetragen haben könnten. Gerne dürfen sie spannend und aufregend sein, eine kleine Liebesgeschichte darin ist immer nett. Wichtig ist mir ein gewisser Tiefgang der Charaktere, der Handlung, der Aussage, die der Autor, die Autorin in ihre Geschichte gepackt hat. Und ich möchte gerne wissen, wie es um die Protagonisten aussieht. Luftleere Räume, ohne dass ich mir vorstellen kann, ob es regnet oder die Sonne scheint, ob es Bäume in der Nähe gibt oder einen Fluss sagen mir nicht so sehr zu.
MK: Hat sich Ihr Leseverhalten geändert, seit Sie als Autorin arbeiten?
EB: Leider! Ich lese einen Roman kaum einmal mehr mit unverfälschtem Genuss. (Dann muss er wirklich gut sein!) Oft überlege ich, wie ich diese oder jene Szene gelöst hätte, finde gelegentlich auch Ungereimtheiten im Aufbau der Geschichte, wo ich früher vermutlich einfach darüber hinweg gelesen hätte. (Die finden andere vielleicht auch in meinen Romanen, wer weiß!?) Manches Mal freue ich mich einfach über eine wunderschöne Beschreibung und genieße sie zweimal, dreimal. Allerdings fehlt mir vor allem die Zeit.
MK: Sie sind Mutter von fünf Kindern. Wann ist für Sie die beste Zeit zum Schreiben?
EB: Früher, als die Kinder noch kleiner waren, habe ich viel abends und nachts geschrieben. Inzwischen sind alle morgens aus dem Haus, sodass ich die Stunden vor dem Mittagessen intensiv zum Schreiben nutze, gelegentlich auch den Samstag und vor allem die Schulferien. Da läuft das Leben im Hause Büchle dann sehr "chaotisch" aber kreativ ab.
MK: Was macht Elisabeth Büchle wenn sie nicht schreibt oder liest?
EB: Hausfrau, Ehefrau und Mutter sein. Das an sich ist im Grunde ja schon mehr als ein 100% Job. Ich versuche, mich regelmäßig sportlich zu betätigen, um das lange Sitzen am Computer auszugleichen.
MK: Können Sie uns zum Schluss schon ein paar Worte zum nächsten Projekt verraten?
EB: Aussagen zum nächsten Projekt sind immer sehr schwierig, meist unterliegen sie einer gewissen Geheimhaltung. Aber so viel: Vorausgesetzt es klappt wirklich alles wie geplant, kommt ab Frühjahr 2013 eine Trilogie von mir auf den Buchmarkt.