Mit seinem Roman "Der zweite Schöpfer" erobert der Brite Michael Marshall nunmehr auch den deutschen Buchmarkt. Wir hatten Gelegenheit, mit dem Autoren über die Arbeit an diesem Roman zu sprechen.
Michael Krause: Woher hatten Sie die Idee zu "Der zweite Schöpfer"?
Michael Marshall: Ich interessiere mich schon seit langem für das Phänomen Serienkiller, hatte aber bis dahin keine Idee, wie ich eine Geschichte darüber schreiben konnte. Eines Tages nahmen dann einige Charaktere in meinem Kopf gestalt an. Besonders der Hauptbösewicht – der Upright Man faszinierte mich, mit seinen Ansichten über unsere Welt und die menschliche Geschichte. Startpunkt zum Schreiben der Geschichte war dann die Mitteilung die Ward Hopkins von seinen Eltern bekam.
MK: Was ist die Moral der Geschichte?
MM: Seit vielen tausend Jahren werden alle Menschen durch dieselbe Art der Motivation angetrieben. Im Innern sind wir alle gleich, selbst wenn sich einige von uns auf schreckliche Weise benehmen. Trotzdem sollten wir uns bemühen, auch dieses Verhalten zu verstehen. Jede Person, die wir als "böse" bezeichnen, hat auch etwas Gutes in sich. So lange wir dies nicht lernen, wird es uns nicht gelingen die Welt etwas besser zu machen.
MK: Warum haben Sie sich entschlossen, die Geschichte aus zwei unterschiedlichen Perspektiven (Ich- und Er-Erzähler) zu schreiben?
MM: Für meine ersten drei Romane habe ich den Ich-Erzähler benutzt und diese Perspektive genossen. Allerdings habe ich viele Kurzgeschichten mit Hilfe des Er-Erzählers geschrieben. Beide Perspektiven haben ihren Reiz und als ich mit "Der zweite Schöpfer" begann dachte ich mir, warum nicht beide?
MK: Wie lange hat die Arbeit an "Der zweite Schöpfer" gedauert?
MM: Der erste Entwurf etwa fünf Monate. Die Überarbeitung danach hat nochmals einige Monate in Anspruch genommen. Hinzu kommt die Zeit der Vorbereitung, in der die Geschichte in meinem Kopf zu reifen begann.
MK: Wie gehen Sie beim Schreiben vor? Arbeiten Sie immer zur gleichen Zeit oder müssen Sie sich zum Schreiben motivieren?
MM: Wenn ich die Arbeit an einem neuen Roman beginne, versuche ich so schnell und so viel wie möglich zu schaffen. Ich beginne meistens um 9.00 Uhr am Morgen und lasse mich von meinem Tagespensum überraschen. Natürlich ist es nicht jeden Tag gleich. Manchmal bleiben mehr Seiten übrig, manchmal weniger. Beim überarbeiten versuche ich ein Pensum von drei- bis fünftausend Worte zu schaffen. Dies war aber nicht immer so. Zu beginn meiner Karriere brachte ich oft kein einziges Wort zu Papier, starrte aus dem Fenster und wünschte mir einen anderen Beruf.
MK: Arbeiten Sie von Kapitel zu Kapitel?
MM: Ja, denn ich liebe es zu erleben, wie sich die Geschichte entwickelt. Dies war zu Anfang meiner Karriere anders, denn da schrieb ich oft durcheinander. Allerdings mag ich es nicht besonders, die Geschichte im Vorfeld zu planen. Von daher arbeite ich jetzt von Kapitel zu Kapitel und lasse mich von den Ereignissen überraschen.
MK: Wie sind sie zum Schreiben gekommen?
MM: Ich habe in Cambridge Philosophie studiert, doch nach dem Abschluss erkannte ich, dass dies nicht das Leben war, was ich führen wollte. Zu dieser Zeit fiel mir ein Roman von Stephen King in die Hände und nach der Lektüre war mir klar, was ich mit meinem Leben machen wollte.
MK: Welche Autoren haben Sie beeinflusst?
MM: Aus dem Krimibereich sicher die Romane von Jim Thompson, James Ellroy und James Lee Burke. Ich bewundere aber auch die Science-Fiction-Geschichten von Ray Bradbury, Jack Finney oder Phillip K. Dick. Aus der Belletristik haben mich sicher Autoren wie Martin Amis oder Tobias Wolff beeinflusst. Aber da ich sehr viel lese, entdecke ich ständig neue Autoren.
MK: Ihr Lieblingsbuch?
MM: Das ist unmöglich zu sagen, da ich so viele Bücher in meinem
Herzen trage und es unfair wäre, nur eines zu benennen!
MK: Was ist als nächstes von Ihnen zu erwarten?
MM: Die deutschen Leser können sich auf zwei Fortsetzungen zu "Der zweite Schöpfer" freuen. Im Augenblick sitze ich an einer gänzlich neuen Geschichte und starre wieder einmal aus dem Fenster...
Weitere Artikel hier